Benachteiligung am Arbeitsplatz, oder die stärkere Form der Diskriminierung, sind heute gesetzlich untersagt. Zuvor gab es zwar schon einige Regelungen, die aber nicht das gesamte Spektrum der Diskriminierung abdeckten. Mit dem Gesetz gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz, auch Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannt, ist eine klare Grundlage geschaffen worden.
Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen
- aus Gründen der Hautfarbe,
- wegen der ethnischen Herkunft,
- des Geschlechts,
- der Religion oder Weltanschauung,
- einer Behinderung,
- des Alters oder
- der sexuellen Identität
zu verhindern oder zu beseitigen.
Ein wichtiges Detail beim AGG ist die Beweislast, die im Paragraf 22 geregelt wird: “Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.” Das bedeutet, dass meistens der Arbeitgeber nachweisen muss, dass es keine Benachteiligung gab. Diskriminierung kann mit Mobbing einhergehen, gerade, wenn sie von Kolleg*innen oder Vorgesetzten ausgeht.
Was gilt als Diskriminierung am Arbeitsplatz?
Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können. Es gibt aber Ausnahmen, nämlich dann, wenn Arbeitsplatzbeschreibungen gegen die Einstellung sprechen – so darf eine Schwangere nicht dort arbeiten, wo es eine Strahlenbelastung geben kann. Gerade bei Behinderten gibt es Gründe, die als Ausnahmen akzeptiert werden – wie Bildschirmarbeitsplätze, die Sehbehinderte nicht bedienen können.
Darauf bezieht sich das Diskriminierungsverbot in der Praxis:
Das Alter
Ein häufiger Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bezieht sich auf das Alter. Wenn in einer Stellenanzeige nach „jungen, dynamischen Menschen“ gesucht wird, dann liegt bereits eine Benachteiligung vor. Werden Altersvorgaben gemacht, ist das erst recht verboten. Auch Ältere nicht einzustellen, weil sie eventuell höhere Gehaltsvorstellungen haben, ist untersagt.
Das Geschlecht
Stellenanzeigen müssen geschlechtsneutral sein. Unternehmen, die sich auf Jobbörsen präsentieren, müssen in Gesprächen immer darauf achten, dass sie nicht ein Geschlecht präferieren. Wer zum Beispiel am Stand sagt, man wolle am liebsten Männer für diesen Job einstellen, diskriminiert bereits.
Religion und Herkunft
Die Weltanschauung eines Menschen ist Privatsache und geht den Arbeitgeber nichts an. Wer im Interview danach fragt, begeht bereits eine Diskriminierung. Schon gar nicht darf man eine christliche Weltanschauung zur Bedingung machen. Die Herkunft darf bei der Einstellung keine Rolle spielen. Wer jemanden sucht, der gut Deutsch spricht, kann deutsche Sprachkenntnisse zur Bedingung machen, nicht aber Deutsch als Muttersprache.
Behinderung
Schon sehr lange gibt es in Deutschland eine Gleichstellung von Behinderten. Mit dem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen vom 1. Mai 2002. Allerdings regelte es zunächst die Anstellung im öffentlichen Dienst. Erst das AGG schuf weitreichende Rechte für Behinderte. Wenn ein Büro mit einem Rollstuhl erreicht werden kann, über Aufzüge und genügend große Toiletten verfügt, darf ein*e Behinderte*r nur wegen des Rollstuhls nicht abgelehnt werden.
Sexuelle Orientierung
Ob jemand nur sich selbst, Frauen, Männer oder beide liebt, hat mit dem Arbeitsplatz nichts zu tun. Entsprechend sind Fragen nach der sexuellen Orientierung im Interview bereits eine Diskriminierung. Sexuelle Belästigung wird übrigens ebenso als Diskriminierung verstanden.
Wie verbreitet ist Diskriminierung am Arbeitsplatz?
Diversität am Arbeitsplatz ist mittlerweile für viele Unternehmen ein Thema. Doch Wunsch und Wirklichkeit stimmen in vielen Fällen nicht überein: In einer aktuellen Umfrage in vier Ländern gaben 37 Prozent der deutschen Teilnehmer*innen an, selbst diskriminiert worden zu sein oder eine Diskriminierung bei Kolleg*innen erlebt zu haben.
Am häufigsten ist die Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund des Geschlechts, wie man bei Statista sehen kann. 24 Prozent der Befragten gaben an, diese Form der Diskriminierung erlebt zu haben. Mit 22 und 21 Prozent folgen Alter und Rassismus als Auslöser für Diskriminierung. Die sexuelle Orientierung nannten 15 Prozent.
Dabei schneidet Deutschland noch besser ab als andere Länder. In den USA wird am meisten diskriminiert, gefolgt von Großbritannien und Frankreich. Während bei unserem Nachbarn ebenfalls das Geschlecht die häufigste Ursache ist, spielt das Alter in den USA und in England die Hauptrolle.
In einer weiteren Studie zu rassistischer Diskriminierung hat das Meinungsforschungsinstitut Civey herausgefunden, dass 17 Prozent der Befragten schon einmal Zeuge einer rassistischen Diskriminierung am Arbeitsplatz gewesen sind.
Wie findet Diskriminierung am Arbeitsplatz statt und wie kann man sie verhindern?
Jemandem einen Vorteil zukommen lassen und andere benachteiligen hat leider eine lange Tradition in der Wirtschaft und in Privatbeziehungen. Viele können sich noch an das “Vitamin B” erinnern, das half, einen Job zu bekommen – das B stand dabei für Beziehungen. So wie Freund*innen und Bekannte bevorzugt wurden, sind viele Menschen jahrzehntelang benachteiligt worden. Diskriminierung im Unternehmen findet auf mehreren Ebenen statt.
Benachteiligung bei der Einstellung
Bewerbungsverfahren sollen die Spreu vom Weizen trennen, und am Ende des Recruiting-Trichters sollen die besten Kandidat*innen stehen. Hier kommt es aber immer wieder zu massiver Diskriminierung, bewusst oder unbewusst. So stellen Männer gerne Männer ein, es gibt eine unbewusste Ablehnung von Menschen aus anderen Kulturen, behinderte Menschen werden als Belastung gesehen. Werden diese Eigenschaften während eines Interviews als Ablehnungsgrund genannt, ist ein klarer Gesetzesverstoß vorhanden. Allerdings ist die Diskriminierung bei der Einstellung meistens subtil und es werden andere Gründe für eine Absage vorgeschoben.
So verhindern sie Diskriminierung bei der Einstellung
Machen Sie deutlich, dass in Ihrem Unternehmen Diskriminierung keinen Platz hat. Es bietet sich an, für Interviews ein Recruiting-Team aus einem Mann und einer Frau zu haben, um so Bewerberinnen die gleiche Chance zu geben. Bei der Vorauswahl darf es keine Benachteiligungen geben. Beobachten Sie Ihre Einstellungsstatistiken, ob sie den Bevölkerungsdurchschnitt repräsentieren oder ob es Präferenzen gibt.
Wenn Stellenanzeigen Bewerber*innen ausschließen
Viele Firmen machen immer noch den Fehler, bei Stellenanzeigen bestimmte Gruppen auszuschließen. So kommt es vor, dass eine Stelle nur in der männlichen Form (z.B. “Wir suchen einen Verkaufsleiter”) ausgeschrieben wird. Hierbei handelt es sich bereits um Diskriminierung. Auch Altersangaben sind immer noch zu finden (“für unter 30-jährige”), womit ältere Menschen eindeutig ausgeschlossen werden.
Die Formulierung “Muttersprachler” diskriminiert Ausländer*innen, und eine bestimmte religiöse Anschauung hat in der Stellenanzeige nichts verloren. Allerdings gibt es Ausnahmen: Wird jemand in der Seelsorge gesucht, kann eine christliche Ausrichtung gefordert werden. Sucht eine kirchliche Einrichtung eine Pflegekraft, ist der Glauben nicht wichtig für die Berufsausübung. Das sagte das Bundesarbeitsgericht in einer Grundsatzentscheidung (BAG, Beschluss vom 17.3.2016, 8 AZR 501/14).
So können Sie Diskriminierung bei Stellenanzeigen verhindern
Wenn Sie heute Stellen ausschreiben, sollten Sie Vorlagen verwenden, die bereits rechtlich auf die Zulässigkeit geprüft sind. Sie können Ihre Anzeige nochmals der Rechtsabteilung oder den Compliance-Verantwortlichen vorlegen. Ein Bewerbungsmanagement-System kann heute ebenfalls Stellenanzeigen auf Konformität prüfen und Sie warnen, wenn bestimmte Formulierungen geändert werden müssen.
Diskriminierung bei Beförderungen
Wenn es um die interne Karriere geht, zeigt sich in vielen Firmen eine klare Konzentration auf bestimmte Gruppen nach oben. Soll heißen: In der Führung sitzen zum großen Teil weiße, nicht behinderte deutsche Männer. Wie bei der Einstellung ist die Diskriminierung bei der Führungskräfteentwicklung oft subtil. Manchmal denken Vorgesetzte, dass eine Frau, ein*e Ausländer*in oder ältere Mitarbeiter*innen einen Job nicht ausfüllen kann – ohne dabei auf die eigentlichen Qualifikationen zu schauen.
Unternehmen, die viele Frauen in unteren Ebenen beschäftigen, aber keine in der Führungsebene, können sogar wegen eines Verstoßes gegen das AGG vor Gericht gezogen werden. Beim AGG liegt die Beweislast beim Unternehmen, es muss nachweisen, dass es Frauen nicht benachteiligt hat. Einer Firma in Brandenburg verlor einen Prozess, weil sie diesen Nachweis nicht erbringen konnte.
Was Sie gegen Diskriminierung bei Beförderungen tun können
Sie können eine Frauenquote in der Führungsebene einführen, was aber eine umstrittene Maßnahme ist. Besser ist es, ein Bewusstsein für die Gleichstellung zu schaffen. Dazu gehört das Verständnis, dass Vielfalt ein Unternehmen bereichert – gerade in der Führung, wo Ideen, kritisches Denken und gute Zusammenarbeit gefragt sind. Sie können außerdem in Ihrer Personalstatistik nachschauen, ob es hier Auffälligkeiten bei Beförderungen gibt.
Diskriminierung bei Gehaltszahlungen und Sonderleistungen
Das Gehalt ist – außer bei tariflich gebundenen Arbeitgebern – zwischen einem Arbeitgeber und dem*der Arbeitnehmer*in frei verhandelbar. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es in einem Unternehmen unterschiedliche Gehälter selbst bei ähnlichen Aufgaben gibt. Problematisch wird es, wenn der Grund in einer Benachteiligung liegt. Auch hier sind Frauen besonders betroffen: Ihre Gehälter liegen oft unter denen von Männern, bei gleicher Qualifikation.
So stellen Sie Gleichstellung bei Gehältern her
Als Erstes sollten Sie nachsehen, ob Frauen in Ihrem Unternehmen weniger verdienen – und diesen Missstand beheben. Das ist nicht nur eine Frage der Gleichstellung, sondern auch der Unternehmenskultur. Eine solche Maßnahme kann motivierend wirken, und Ihr Employer Branding stärken. Bezahlen Sie Gehälter strikt nach Leistungen. Sonderleistungen wie Weihnachtsgeld sollen für alle gelten, und bei Benefits sollte nur die Leistung belohnt werden.
Welche Pflichten haben Arbeitgeber, wenn es um Diskriminierung am Arbeitsplatz geht?
Als Unternehmen sind Sie an das AGG und das Behindertengleichstellungsgesetz gebunden. Das bedeutet, dass Sie Arbeitnehmer*innen und Bewerber*innen nicht diskriminieren dürfen. Nun kann es aber dennoch dazu kommen, dass in Teilen Ihres Unternehmens Mitarbeiter*innen ohne Wissen oder Zutun der Führung benachteiligt werden. Sollten diese Fälle publik werden, sind Sie verpflichtet, umgehend tätig zu werden. Als Arbeitgeber sind Sie grundsätzlich verpflichtet, Diskriminierung zu verhindern.
Ein Beispiel sind sexuelle Belästigungen, die auch eine Form der Diskriminierung darstellen. Als Arbeitgeber sind Sie rechtlich verpflichtet, für ein sicheres Arbeitsumfeld frei von Belästigungen zu sorgen. Das AGG untersagt jede Form der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz und versteht diese als eine Diskriminierung. Der Schutzanspruch der Beschäftigten ist auch in Ihrem Interesse, denn jeder Vorfall schadet dem Betriebsklima und ihrer Reputation als Arbeitgeber.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat eine Broschüre mit Praxisbeispielen herausgegeben, wie Firmen sexuelle Belästigung verhindern können. Ein Rat der Expert*innen: “Eine klare Haltung der Leitungsebene kann bestehenden Tendenzen in Unternehmen entgegenwirken, das eigene Unternehmen als frei von Vorfällen sexueller Belästigung zu sehen, problematische Vorfälle zu bagatellisieren und Opfer nicht ernst zu nehmen. Dazu gehört einzuräumen, dass es diesbezügliche Vorfälle und damit verbundenen Handlungsbedarf im Unternehmen gibt.”
Unternehmen sollten regelmäßig überprüfen, ob die Einstellungspraktiken, Gehälter und Beförderungen Zeichen der Diskriminierung aufweisen. Eine HR-Software und Recruiting-Applikationen können hilfreiche Statistiken liefern.
Wie geht man mit Arbeitnehmer*innen um, die am Arbeitsplatz diskriminieren?
Sobald ein Arbeitgeber von einer Diskriminierung erfährt, muss gehandelt und diese unterbunden werden. Das ist zum einen eine gesetzliche Verpflichtung, zum anderen wichtig für das Betriebsklima und den Schutz der Betroffenen.
Es gibt unterschiedliche Formen der Diskriminierung durch Mitarbeiter*innen:
- Systematische Benachteiligung bestimmter Gruppen
- Ausschluss bestimmter Personengruppen von Tätigkeiten
- Diskriminierung durch Mitarbeiter*innen wegen deren Weltanschauung (etwa Rassismus, Frauenhass)
- Unbewusste Diskriminierung
Wenn ein*e Mitarbeiter*in offen andere Personen diskriminiert, sollte es ein Personalgespräch zur Konfliktlösung, verbunden mit der Aufforderung zur sofortigen Unterbindung geben. Kommt der*die Mitarbeiter*in dem nicht nach, können arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen werden.
Handelt es sich um eine systematische Diskriminierung, die – bewusst oder unbewusst – von Kolleg*innen, Teams oder bestimmte Führungsebenen begangen wird, muss die Führung deutlich machen, welche Werte es im Unternehmen gibt. Gleichstellung ist nicht nur ein gesetzlicher Auftrag, sondern sollte Teil der Unternehmenskultur sein.
Bei systematischer Diskriminierung (keine älteren Bewerber*innen einstellen, keine Beförderungen für Frauen) müssen die jeweiligen Prozesse und Anordnungen neu definiert und implementiert werden.
Rassismus und sexuelle Belästigung sind Formen der Diskriminierung, die unmittelbares Handeln erfordern. Sie werden die Täter*innen zur Rede stellen und Disziplinarmaßnahmen anwenden müssen. So schützen Sie die Opfer, gleichzeitig machen Sie in der Belegschaft und nach außen deutlich, dass Diskriminierung bei Ihnen nicht geduldet wird.