Transformationale und transaktionale Führung bieten unterschiedliche Vorteile für Unternehmen. Die beliebte transformationale Führung setzt eine ausgeprägte Unternehmenskultur voraus. Mitarbeiter*innen sollen sich mit den Zielen und Visionen identifizieren und einen höheren Sinn in ihrer Tätigkeit sehen. Die transaktionale Führung ist geprägt von Zielvorgaben und einem Prinzip der unmittelbaren Belohnung. Welcher Führungsstil ist für Ihr Unternehmen am besten geeignet?
Definition der transformationalen Führung
In der transformationalen Führung geht man von einer intrinsischen Motivation aus, also eine aus dem Inneren kommende Motivation. Der Grund für die Leistung liegt weniger im Gehalt, sondern in der Erfüllung, die Mitarbeiter*innen sehen. Hier wird der*die Geführte durch die Persönlichkeit und das Handeln der Führungskraft gewissermaßen „transformiert“, verwandelt, auf ein höheres Niveau gehoben. Für den eigenen Einsatz wird keine Gegenleistung erwartet, sondern es reicht aus, durch und mit der Führungskraft bestimmte Dinge zu bewegen und übergeordnete, langfristige Ziele zu erreichen.
Beschäftigte sind in der Lage eigenverantwortlich zu arbeiten. Statt direkter Anreize sorgen die Führungskraft für ein optimales Umfeld. Sie gibt einen Rahmen vor, statt Arbeitsanweisungen zu erteilen. Ziele werden nicht nur von der Führungskraft formuliert, sondern gemeinsam besprochen. Die Führungskraft wird respektiert und als Vorbild gesehen. Sie motiviert durch ihre Kompetenz und emotionale Intelligenz und nicht durch die Position oder Rang innerhalb des Unternehmens.
Wenn Sie das Engagement Ihrer Mitarbeiter*innen und die Identifikation mit Ihrem Unternehmen erhöhen wollen, dann ist die transformationale Führung ein geeignetes Instrument. Das hat auch Arlette Frias in Ihrer Masterarbeit über “Transformationale Führung und Arbeitseinstellungen” herausgefunden. Dazu wurden 851 Mitarbeitende aus einem Bereich der Schweizer Bundesverwaltung online befragt. Die Hypothesen zeigten, dass sämtliche untersuchten Moderatorfaktoren den positiven Zusammenhang von transformationaler Führung und Work-Engagement verstärken. Zu den wichtigen Faktoren gehörten Kommunikationsqualität, Prozessqualität der Zielausrichtung und Führungsprototyp.
Beispiele für transformationale Führung
Unternehmen, die in einem komplexen Umfeld mit volatilen Märkten tätig sind, müssen sich ständig anpassen. Wer in der Softwareindustrie arbeiten, muss schneller als die anderen sein. Spitzenleistungen können hier nur von Fachkräften erbracht werden, die hoch motiviert sind und voll und ganz hinter den Produkten stehen. Die Scrum-Arbeitsweise, die in der Software-Industrie sehr verbreitet ist, basiert zu einem großen Teil auf einer transformationalen Führungsidee.
Der deutsche Bekleidungshersteller Trigema des Unternehmers Wolfgang Grupp steht eigentlich für einen patriarchalischen Führungsstil. Die wichtigsten Entscheidungen, wie in Deutschland zu produzieren oder im Corona-Jahr 2020 die Produktion kurzfristig auf Gesichtsmasken umzustellen, werden vom Gründer getroffen. Und trotzdem setzt er auf die Zusammenarbeit:
„Meine Mitarbeiter erwarten, dass gravierende Entscheidungen von mir getroffen werden. Alle Entscheidungen sind aber von meinen Mitarbeitern mit entschieden und vor allem werden sie auch mitgetragen. Wenn der Mitarbeiter hinter der Entscheidung steht, wird er auch alles tun, damit die Entscheidung nicht zum Negativen wird”, beschreibt Grupp seinen Ansatz gegenüber dem Business-Insider.
Vorteile und Nachteile der transformationalen Führung
Es gibt gute Gründe, warum der transformationale Führungsansatz heute sowohl bei Führungskräften als auch bei Mitarbeiter*innen beliebt ist. Eine Befragung von YouGov ergab, dass Führungskräfte in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern einen demokratischen Führungsstil bevorzugen, der dem transformationalen Prinzip am ehesten entspricht: In Deutschland sprechen sich 66 Prozent dafür aus, nur 16 Prozent wollen den Angestellten alle Freiheiten geben, 13 Prozent folgen noch einem autokratischen Führungsstil.
Beliebtheit an sich ist aber kein Vorteil, wenn eine Mitarbeiterführung nicht ebenso Nutzen bringt. Der ist darin zu sehen, dass sich gleich mehrere wichtige Faktoren durch eine transformationale Führung verbessern. Sie können über diesen Führungsansatz Ihre Beschäftigten besser motivieren, Sie folgen Ihnen, weil sie wollen und nicht weil sie müssen.
Wer mit Herz bei der Sache ist, wird Sie auch in Krisenzeiten nicht im Regen stehen lassen: Die Mitarbeiterfluktuation in Ihrem Unternehmen sollte ebenso geringer sein wie der Krankenstand. Intrinsisch motivierte Angestellte sind in der Regel glücklicher, was wiederum die Produktivität erhöht. Und wer sich mit Ideen und Vorschlägen einbringen darf, erhöht die Innovationsfähigkeit im Unternehmen.
Wenn Sie Ihre Angestellten transformational führen, dann bieten Sie ihnen Herausforderungen, Vertrauen in deren Fähigkeit zur Selbstverantwortung und wie sie ihre Kompetenzbereiche am besten einsetzen können. Das Vertrauen wird durch Ihre Rolle als Vorbild noch gestärkt.
Transformationale Führung umsetzen
Wenn Sie Ihren Führungsstil verändern möchten, dann braucht es ein wenig Vorbereitung. Den ersten Schritt zur Veränderung müssen Führungskräfte selbst machen. Denn letztlich sind sie es, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden.
1. Kompetenzen entwickeln
Managementkompetenzen zu entwickeln, die mit den Werten einer transformationalen Führung übereinstimmen, ist der erste Schritt. Sie müssen nicht nur das Handwerk der Menschenführung kennen, sondern auch Kompetenzen wie Empathie und andere Softskills mitbringen. Gleichzeitig brauchen Sie eine hohe Selbstkenntnis und Selbstsicherheit. Sie müssen in der Lage sein, Ihre Schwächen zu kennen und Fehler zugeben zu können.
Mittelfristig werden Sie bei der Stellenbesetzung darauf achten, dass neue Führungskräfte in das Managementkonzept passen und die notwendigen Voraussetzungen mitbringen. Dafür sind Persönlichkeitstests sinnvoll, die eingeführt oder entsprechend angepasst werden müssen.
2. Das Unternehmen muss mitziehen
Im mittleren Management eine transformationale Führung zu etablieren, die aber dann von oben an der kurzen Leine gehalten wird, bringt keinen Erfolg. Auch wenn es möglich ist, in einigen unteren Ebenen traditionell zu führen, muss eine grundlegende Veränderung des Führungsstils auch in der Chefetage eingeführt werden.
Gleichzeitig muss sich der Grundgedanke in den Werten des Unternehmens widerspiegeln und zur Unternehmenskultur passen. Ist letztere von einem autokratischen Stil geprägt, werden Sie einen längeren Weg vor sich haben als in einer Kultur, die auf Kollaboration und Gemeinschaft setzt.
3. Eine Transformation kommt nicht in einem Tag
Es ist einfacher, ein neues Team transaktional zu führen. Der Zeitaufwand ist geringer, und Sie können damit in einem begrenzten Ausmaß erfolgreich sein, gerade bei kurzfristig zu erreichenden Zielen. Ein Unternehmen oder große Abteilungen auf transformationale Führung umzustellen, ist ein lang andauernder (und manchmal nie endender) Prozess.
Sie werden Mitarbeiter*innen schulen müssen, wie sie selbst Entscheidungen treffen können. Es braucht einen Rahmen, in dem sich Ihre Angestellten bewegen können und Methoden, wie Sie diesen Rahmen erweitern und das Arbeitsumfeld optimal gestalten können. Und sie brauchen die dafür geeigneten Führungskräfte.
Transaktionale Führung: eine Definition
Zwischen Führung und Mitarbeiter*innen herrschen vielfältige und manchmal komplexe Beziehungen. Die einfachste Beziehung stellt die des*der Arbeitnehmer*in dar, wobei der Begriff hier eher buchstäblich gemeint ist: Ein*e Mitarbeiter*in nimmt Arbeit an und wird dafür entlohnt. Es handelt sich hier um eine Transaktion, Gehalt wird gegen Arbeitsleistung getauscht.
Transaktionale Führung ist eine – gerade weltweit – noch immer weit verbreitete Form der Führung, da sie auf klaren und meistens hierarchischen Strukturen beruht. Bei der transaktionalen Führung geben Sie Angestellten Anweisungen, die von diesen ausgeführt werden. Werden diese ausgeführt, gibt es eine Belohnung. Sie folgt dabei den Erkenntnissen von Frederick W. Taylor, der als Erstes überhaupt so etwas wie ein Management einführte. Hintergrund war damals eine Optimierung der Produktion, indem er Prozesse in ihre Bestandteile zerlegte und den Arbeitern Teilaufgaben zuwies.
Heute hat sich die transaktionale Führung weiterentwickelt. Aus einfachen Regeln in der Produktion sind Zielvorgaben in der modernen Wissensgesellschaft geworden. Ihre Angestellten geben Rückmeldung über den Stand der Zielerreichung. Neben einer Entlohnung bieten Sie Ihnen andere Mitarbeitervorteile an, wie Dienstwagen und Zuschüsse. Diese stehen aber immer im Zusammenhang mit einer erbrachten Leistung. Transaktionale Führung ist geprägt vom Prinzip der unmittelbaren Belohnung.
Beispiele für die transaktionale Führung
Ein Unternehmen, das zu einem großen Teil aus festen, festgelegten Arbeitsabläufen besteht, die sich selten verändern, wird einen transaktionalen Führungsstil befürworten. Im produzierenden Gewerbe, wie in der Textilindustrie, werden immer die gleichen Handgriffe gemacht. Hier gewährleisten klare Vorgaben, dass die Produktion läuft und es Handlungsanweisungen gibt, wie die Ziele zu erreichen sein. Angestellte müssen etwa in einem Monat 200 Kleider genäht haben. Wird das Ziel übertroffen, gibt es eine entsprechende zusätzliche Entlohnung. Wer Überstunden macht, erhält ebenfalls mehr Gehalt.
Eine transaktionale Führung kann auch bei Dienstleistern gefunden werden, die verkaufsorientiert sind. Ein Vertrieb von importierten Koffern und Reisetaschen wird seinen Außendienstlern Vorgaben machen, welche Stückzahlen abgesetzt werden müssen. Es gibt einen Lehrgang und Anweisungen für Verkaufstechniken. Bewertungsmaßstab sind ausschließlich die Umsätze. Sind diese höher oder gewinnt jemand neue Kunden, gibt es Annehmlichkeiten wie einen Dienstwagen, ein Handy oder einen Firmenparkplatz.
Vorteile und Nachteile der transaktionalen Führung
Wo klare Ansagen gemacht werden, kann schnell zugepackt werden. Die transaktionale Führung zeichnet sich dadurch aus, dass sie einfach etabliert und schnell umsetzt werden kann. Sie benötigen weniger Anlaufzeit, um ein neues Unternehmen oder eine Abteilung aufzubauen und arbeitsfähig zu machen. Alle bekommen gesagt, was zu tun ist.
Dieser Führungsstil hat sich auch dort etabliert, wo gleichbleibende Prozesse etabliert sind, vor allem in der Produktion. Auch in Bereichen, die mit großen Risiken verbunden sind, wie Krankenhäusern und Flughäfen, finden sich Ansätze der transaktionalen Führung, wenn auch in einer durch aktives Feedback abgeschwächten Form.
Der große Nachteil der transaktionalen Führung ist die rein extrinsische Motivation. Das bedeutet, dass Mitarbeiter*innen des Gehalts wegen ihre Leistung erbringen. Es fehlt aber an weiteren Motivationsfaktoren, um das Mitarbeiterengagement zu stärken. Die Gefahr, dass Sie eine hohe Fluktuation haben, wenn Mitbewerber mehr Geld bieten, ist groß. Außerdem kann Sie eine andauernde finanzielle Motivation teuer zu stehen kommen. Und schließlich ist die Innovationsbereitschaft eher gering, wenn Ideen nicht gleich mit Belohnungen verbunden sind.
Transformationale oder transaktionale Führung: Welcher Führungsstil ist besser?
Heute gehen die meisten Management-Expert*innen davon aus, dass Gehalt als einziger Motivationstreiber für Mitarbeiter*innen nicht ausreicht. Es braucht über die Bezahlung hinausgehende Anreize für die Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit.
Wer sich heute für eine Stelle mit mittleren bis hohen Qualifikationsanforderungen bewirbt, will sich nicht den ganzen Tag sagen lassen, was erledigt werden muss. Gleichzeitig gibt es aber auch Branchen, in denen Visionär*innen gerade in der unteren Führungsebene fehl am Platz sind. Eine Reinigungskraft zum Beispiel benötigt eine klare Anweisung, welche Bereiche zu putzen sind. Sie wird kaum dadurch motiviert, dass sie visionäre Reden hört und ihr die Unternehmensstrategie erklärt wird. Überall dort, wo die immer gleichen Schritte ausgeführt werden müssen oder wo Protokolle eingehalten werden müssen, ist eine transaktionale Führung angebracht.
Wenn Ihr Unternehmen innovationsgetrieben ist, wenn Sie viele Fachkräfte mit spezifischen Fähigkeiten haben oder wenn Sie in einem besonders starken Wettbewerb stehen, dann ist die transformationale Führung hilfreich. Sie können auf diese Weise die Last von vielen Entscheidungen von sich auf die Mitarbeiter*innen übertragen und sich auf das Gesamtbild und die strategische Ausrichtung konzentrieren. Wenn Ihre Angestellten es gewohnt sind, eigenständig zu arbeiten oder den Wunsch danach geäußert haben, dann liegen Sie mit diesem Führungsstil ebenfalls richtig.
In seinem Buch “Aufstieg und Fall von Digital Equipment Corporation: Eine Learning History” zitiert Edgar H. Schein eine Untersuchung der Psychologin Tracey Gibbons, und welche notwendigen Faktoren ein transformationales Unternehmen haben sollte:
- Eine starke Kultur
- Schnelles Wachstum
- Hohe Anforderungen an die Qualität des Personals
- Die Fähigkeit aller, eine erwachsene und professionelle Einstellung zu haben
- Die Entwicklung der Mitarbeiter*innen individuell zu fördern
Unternehmen, die ihre Kultur entwickeln wollen, die eine über Profite hinausgehende Vision haben und die glückliche Mitarbeiter*innen führen wollen, werden große Vorteile aus einem transformationalen Führungsstil ziehen. Dort, wo sich Mitarbeiter*innen aufgrund Ihrer Ziele und Ihrer Vision motivieren und einen höheren Sinn in ihrer Tätigkeit sehen, findet sich eine ausgeprägte Unternehmenskultur und eine hohe Identifikation.
Transformationale und transaktionale Führung als Mischform
In der Praxis stellt sich zunehmend heraus, dass es eher Tendenzen in die eine oder andere Richtung gibt und sich beide Führungsmethoden nicht ausschließen. So notwendig die klaren Anweisungen für die Reinigungskraft oder eine Person an einer Fertigungsstraße sind, so wichtig sind trotzdem eine Identifikation mit dem Unternehmen und die Fähigkeit zur Selbstmotivation. Nur so wird Ihnen auch Feedback gegeben, wie beispielsweise Optimierungen im Reinigungsplan oder an einer Produktionsmaschine.
Auch wenn der transformationale Führungsstil darauf aufbaut, dass gemeinsam Ziele erarbeitet und erreicht werden, kommt er nicht ohne Regeln aus. Außerdem kann es in visionär geführten Unternehmen zu Situationen kommen, in denen für viele Beschäftigte unangenehme Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden müssen. Hier helfen finanzielle Anreize sehr wohl. In diesem Fall kann ein Führungsstil kurzfristig geändert werden.