„Großer Konzern in der Industrie der Region. Ich habe das Vorstellungsgespräch abgebrochen und bin gegangen, als der Vorgesetzte zu mir meinte: ‚Also, bevor ich jemanden wie Sie einstelle, da stelle ich doch lieber keinen ein.‘“ So schildert eine Userin auf reddit eine ihrer schlimmsten Erfahrungen während eines Vorstellungsgesprächs. Und sie ist nur eine von vielen, die auf der Plattform von solch negativen Gesprächsverläufen mit Hiring Manager*innen potenziell neuer Arbeitgebenden berichten.
Hatten Sie es schon einmal mit einem Hiring Manager zu tun, der jeden Schritt des Rekrutierungsprozesses mikromanagte? Oder mit einer Hiring Managerin, die stets spontane Entscheidungen trifft und kaum Zeit für ausführliche Gespräche lässt? Solche unterschiedlichen Persönlichkeitstypen von Hiring Manager*innen stellen Recruiter*innen vor besondere Herausforderungen.
Die potenziellen Folgen von Verhaltensfehlern der Hiring Manager*innen? Negative Auswirkungen auf die Reputation des Unternehmens, weniger Bewerbungen auf künftige Jobausschreibungen und damit mehr Hürden bei der Besetzung offener Stellen. Denn wer will schon bei einem Unternehmen mit respektlosen Führungskräften arbeiten?
In diesem Blogpost beleuchten wir die 5 gängigsten Persönlichkeitstypen von Hiring Manager*innen, ihre Verhaltensmotivation und wie Sie als Recruiter*in trotz allem erfolgreich mit ihnen zusammenarbeiten können.
5 Typen von Hiring Manager*innen und wie sie den Recruiting-Prozess erschweren
Als Recruiter*in haben Sie es mit Führungskräften aus allen denkbaren Bereichen zu tun: Produktion, Marketing, IT, Operations. Damit mit solch einer diversen Gruppe ein kollaborativer Recruiting-Prozess gelingt, benötigen Recruiter*innen nicht nur Feingefühl und Erfahrung, sondern auch die richtige Taktik. Um zu wissen, welches Verhalten Sie in den Interviews seitens der Hiring Manager*innen erwarten könnte, gruppieren wir die häufigsten Verhaltensmuster in fünf Typen:
Typ 1: Der oder die Gestresste
Diese Gruppe von Hiring Manager*innen begegnet Ihnen wahrscheinlich am häufigsten. Obwohl es ihnen wichtig ist, die besten Talente für ihre Teams zu gewinnen, sind sie kaum gewillt, Zeit zu investieren. Fakt ist jedoch, dass erfolgreiches Recruiting nur gemeinsam gelingen kann: Ohne kontinuierliche Kooperation wird der Prozess von der Stellenausschreibung bis zur Einstellung mühsamer.
Auch wirken gestresste oder unaufmerksame Hiring Manager*innen während eines Bewerbungsgesprächs wie ein Red Flag auf die Kandidat*innen. Sie könnten sich im Interview unwohl oder wenig wertgeschätzt fühlen, wenn die Hiring Manager*innen ihnen nicht genug Zeit und Aufmerksamkeit schenken. Die Konsequenz könnte sein, dass sie die Bewerbung zurückziehen. Sie sollten dem entgegensteuern, indem Sie auf die Bewerbenden besonders einfühlsam eingehen und die Situation für sie so angenehm wie möglich gestalten.
Typ 2: Der oder die Verständnislose
Dieser Typ versteht nicht, wie es sein kann, dass Kandidat*innen nicht Schlange stehen, um sich bei dem Unternehmen zu bewerben. Als Argumente bringt die Person zusammenhanglose Argumente, wie die Arbeitslosenquote, an.
Ihm oder ihr begegnen Sie am besten auf sachlicher Ebene mit Zahlen und Fakten. Diese sollten zeigen, warum eine steigende Arbeitslosenrate nicht bei jeder offenen Stelle automatisch dazu führt, dass mehr Bewerbungen reinkommen. Passende Daten liefert zum Beispiel die deutsche Bundesagentur für Arbeit oder Statistikportale wie Statista.
Bevor Ihr in Bewerbungsgespräche startet, sollten Sie mit diesen Hiring Manager*innen die Erwartungen an die Interviewverläufe abklären.
Typ 3: Der Outsourcing-Fan
Dieser Typ gibt euren internen Recruiter*innen keine Chance und möchte das Recruiting an externe Dienstleister auslagern. Im Bestfall sollen alle Bewerbungsrunden so weit wie möglich extern durchgeführt werden. Grund dafür könnten beispielsweise frühere positive Erfahrungen mit Outsourcing sein oder der Wunsch, sich selbst Arbeit zu ersparen.
Um diese Art von Hiring Manager*in zu überzeugen, gilt es zunächst zu verstehen, weshalb Bedenken bestehen. Danach können Sie mit passenden Gegenargumenten gezielt Vertrauen aufbauen. Bringen Sie beispielsweise Erfolgsraten Ihrer Recruiting-Prozesse an oder rechnen Sie vor, wie viel eine externe Agentur kosten würde.
Typ 4: Der oder die Übereifrige
Micromanagement mag niemand. Und doch gibt es Führungskräfte, die meinen, über jeden einzelnen Schritt Bescheid wissen zu müssen und Feedback abzugeben. Es fällt ihnen schwer, die Kontrolle abzugeben, weshalb sie Prozesse behindern und unnötig die Länge ziehen, anstatt mit ihren Beiträgen Mehrwert zu bringen.
Während der Bewerbungsgespräche könnte sich dieser Typ darin äußern, dass die Hiring Manager*innen besonders viele Fragen stellen, die Kandidat*innen kaum aussprechen lassen und ihnen keine Zeit für Gegenfragen einräumen.
Diesem Typ von Hiring Manager*in können Sie mit einem strukturierten Recruiting-Plan begegnen, der sie über die einzelnen Schritte, Zuständigkeiten und zeitlichen Umfänge informiert. Fragen Sie die Hiring Manager*innen nach den für sie besonders wichtigen Kennzahlen und nutzen Sie die richtigen Tools, um passende Reports in regelmäßigen Abständen zu versenden.
Typ 5: Der oder die Allwissende
Hiring Manager*innen, die glauben, sie wüssten alles besser und hätten die gesamte Branche im Blick, stellen eine besondere Herausforderung dar. Sie neigen dazu, Entscheidungen subjektiv zu treffen und vertrauen häufig mehr auf ihre persönlichen Netzwerke als auf objektive Bewertungsmaßstäbe. Diese Einstellung kann dazu führen, dass qualifizierte Kandidat*innen vorschnell abgelehnt werden, was den gesamten Rekrutierungsprozess negativ beeinflusst. Solche Hiring Manager*innen sind oft schwer zu überzeugen, da sie der Meinung sind, ihre Erfahrungen und Kontakte seien unfehlbar.
Dem Know-how und der Erfahrung solcher Hiring Manager*innen entgegen zu argumentieren, um einen fairen Recruiting-Prozess zu gewährleisten, ist nicht immer einfach. Zeigen Sie beispielsweise mit Hilfe Ihrer KPI auf, wie erfolgreich Ihre bisherigen Prozesse abgelaufen sind. Dies könnte dazu beitragen, dass der oder die Allwissende Ihnen mehr Vertrauen schenkt.
Oder nutzen Sie die Einstellung für Ihre Vorteile im Rekrutierungsprozess: Möglicherweise kennt Ihr*e Hiring Manager*in Vereine oder Netzwerkplattformen, von denen Sie bei der Suche nach geeigneten Kandidat*innen profitieren können. Ist der oder die Manager*in auf LinkedIn aktiv und kann ein dortiges Netzwerk nutzen?
Mit welchem Typ von Hiring Manager*in Sie es auch immer zu tun haben, das Ziel ist immer dasselbe: eine möglichst reibungslose und erfolgreiche Nachbesetzung einer offenen Stelle. Damit der Weg dorthin für alle angenehm verläuft, empfiehlt sich ein starker Fokus auf die Candidate Experience. Denn so werden auch die Talente, mit denen Sie als Recruiter*innen und die Verantwortlichen aus der Fachabteilung zu tun haben einen Recruiting-Prozess erleben, der unabhängig von den Typen der Hiring Manager*innen erfolgreich ist.
Die wichtigsten Regeln für eine positive Candidate Experience
Wir haben zu Beginn dieses Artikels bereits erwähnt, wie wichtig es ist, dass sich alle Beteiligten – in jedem Fall Recruiter*in und Hiring Manager*in – an bestimmte Grundregeln halten, um negative Candidate Experiences und damit höhere Absprungraten und rufschädigende Kommentare auf Bewertungsplattformen oder Social Media zu vermeiden. Denn ist der Ruf mal ruiniert, ist er vor allem online nicht so leicht zu reparieren.
Zu den wichtigsten Grundregeln für eine positive Candidate Experience bei einem Bewerbungsgespräch gehören:
- Bewerbungsunterlagen der Kandidat*innen sichten und vorbereitet zum Interview kommen
- Professionell bleiben und Fokus auf das Interview-Gespräch legen
- Relevante Interview-Fragen stellen
- Auf die Körpersprache achten, wie Blickkontakt halten
- Respektvoll Kommunizieren, beispielsweise ohne Unterbrechungen
- Mehr zuhören als selbst sprechen, Zeit für Fragen der Kandidat*innen einplanen
- Eigene mögliche Vorurteile beachten, um ihnen entgegenzuwirken
Hört sich alles logisch an und Sie können es nicht glauben, dass so etwas überhaupt erwähnt werden muss? Leider finden sich auch heutzutage unzählige Beispiele, dass selbst diese einfachen Grundregeln bei Bewerbungsgesprächen nicht beachtet werden, wie folgende Ausschnitte zeigen:
Wenn es Ihnen gelingt, Ihren Hiring Manager*innen diese Grundregeln zu vermitteln, und sich alle daran halten, haben Sie bereits eine solide Basis für eine positive Candidate Experience gelegt.
Strategien für eine bessere Zusammenarbeit zwischen HR und Fachabteilung
Das Miteinander im Unternehmen ist von Natur aus nicht immer harmonisch. Wie heißt es so schön? „Wo gehobelt wird, fallen Späne.“ Die Beziehung zwischen Recruiter*innen und Hiring Manager*innen ist dabei keine Ausnahme.
Das muss allerdings kein großes Hindernis für Sie darstellen. Denn, es gibt Strategien, mit denen Recruiter*innen ihre Beziehungen zu den Fachabteilungen verbessern und Recruiting-Prozesse für alle möglichst angenehm gestalten können. Neben den bereits erwähnten Tipps, die individuell auf die verschiedenen Typen angepasst sind, gibt es auch allgemeine erfolgreiche Vorgehensweisen:
1. Holen Sie Hiring Manager*innen und deren Teams von Anfang an ins Boot
Jeder Recruiting-Prozess sollte damit beginnen, dass sich die Recruiting-Expert*innen mit Hiring Manager*innen aus der Fachabteilung zusammensetzen und die Eckpunkte der Ausschreibung besprechen. Dieses hat viele Namen. Häufig ist vom „Intake Meeting” die Rede, andere nennen es lieber „Strategy Session“ oder „Kick-off“. In diesem Meeting geht es darum, die Anforderungen, Voraussetzungen und Erwartungen in Hinblick auf die bevorstehende Neubesetzung zu klären und diese den aktuellen Arbeitsmarkt Gegebenheiten anzupassen (Stichwort: Reality Check).
2. Schulen Sie die Hiring Manager*innen in der Interviewführung
Weisen Sie Hiring Manager*innen in die Grundregeln positiver Candidate Experience bei Bewerbungsgesprächen ein. Auf diese Weise können Sie Fehltritten, wie solche zuvor beschrieben, entgegenwirken. Betonen Sie dabei, wie wichtig der erste Eindruck der Kandidat*innen nicht nur für eine Besetzung der Stelle, sondern für die gesamte Reputation des Unternehmens ist. Arbeiten Sie beispielsweise mit Checklisten für Bewerbungsgespräche, um den Prozess für die Hiring Manager*innen zu erleichtern.
3. Achten Sie auf eine transparente und regelmäßige Kommunikation
Fortschritte, Richtungsänderungen, Vorschläge, erledigte Schritte – informieren Sie die Fachabteilung in regelmäßigen Updates über die für sie relevanten Recruiting-Schritte. Oft reicht eine kurze E-Mail aus oder Sie versenden einmal pro Woche oder pro Monat einen detaillierten Report an Ihre Hiring Manager*innen. Lösungen wie Recruitee bieten dafür vielfältige Analysemöglichkeiten, mit denen sich viel Zeit sparen lässt.
4. Setzen Sie auf technologische Unterstützung
Nutzen Sie HR-Systeme wie Recruitee, um Ihre Recruiting-Prozesse so konsistent und transparent wie möglich zu gestalten. Über solche Tools lässt sich auch die Kollaboration und Kommunikation mit Ihren Hiring Manager*innen vereinfachen. Beispielsweise können Sie Ihnen so jederzeit Zugriff auf den aktuellen Status quo der relevanten Ausschreibungen geben, Feedback zu Interviews abfragen oder bestimmte Prozessschritte, wie den wöchentlichen Report-Versand, automatisieren.
Fazit
Recruiting-Mitarbeitende stehen vor der Herausforderung, mit verschiedenen Typen von Hiring Manager*innen zusammenzuarbeiten, die jeweils unterschiedliche Erwartungen und Arbeitsweisen haben. Um den Recruiting-Prozess für alle Beteiligten so angenehm wie möglich zu gestalten, sollten Sie flexible und auf die verschiedenen Typen angepasste Strategien entwickeln. Ebenso wichtig ist ein respektvoller Umgang mit Bewerbenden, um eine positive Candidate Experience sicherzustellen, die es Ihnen möglich macht, die offenen Stellen zu besetzen und langfristig das Ansehen des Unternehmens zu stärken.