Probearbeiten: Worauf Unternehmen unbedingt achten sollten

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2023
1.5.23
6/6/2023
6/6/2023
Minuten Lesedauer
Luisa Spardel
Recruitee
Beim Probearbeiten können Sie sich ein besseres Bild von Kandidat*innen machen. Erfahren Sie, wie ein Probetag abläuft und was dabei wichtig ist.
Inhalt

Wenn der eigentliche Bewerbungsprozess abgeschlossen ist, aber eine Seite sich noch nicht so recht entscheiden kann, gibt es eine weitere Möglichkeit: Der*die Kandidat*in kann zum Probearbeiten eingeladen werden.

Hier lernt er*sie den Arbeitsplatz und die zukünftigen Kolleg*innen kennen und kann sich einen Eindruck vom Arbeitsalltag verschaffen. Im Rahmen der Candidate Journey ist das ein wichtiger Meilenstein.

Ein Probearbeitstag ist für Arbeitgeber*innen und Bewerber*innen völlig unverbindlich. Wie bereits erwähnt ist es ein erstes Kennenlernen, um herauszufinden, ob eine Zusammenarbeit für beide Seiten wünschenswert ist.

Beim Probearbeiten sollten Bewerber*innen höchstens kleinere (Teil-)Aufgaben übernehmen, die nicht selbständig erledigt werden müssen.

Was müssen Sie beim Probearbeiten beachten?

Anders als in der Probezeit ist das Probearbeiten keine feste Anstellung. Eigentlich wird auch nicht richtig gearbeitet.

Vielmehr sollen die Kandidat*innen einen Überblick über die jeweiligen Abläufe bekommen. Als Arbeitgeber*in dürfen Sie ihnen keine Anweisungen geben (es sei denn es geht um die Sicherheit oder Firmengeheimnisse).

Tipp: Ernennen Sie eine Ansprechperson für den*die Bewerber*in, an die sich der*die Bewerber*in bei eventuellen Fragen richten kann.

Wie viele Tage darf man probearbeiten?

Es ist üblich, dass Kandidat*innen zu einem Tag Probearbeiten eingeladen werden. In manchen Fällen können auch bis zu drei Tage vorgesehen sein.

Probearbeiten ist gesetzlich jedoch nicht geregelt. Es handelt sich um eine unverbindliche Vereinbarung zwischen Ihnen als Arbeitgeber und dem*der Kandidat*in.

Auf jeden Fall sollten Sie diese Vereinbarung aber schriftlich fixieren. 

Wieviele Stunden darf man probearbeiten?

Um einen Betrieb kennenzulernen, sollten Bewerber*innen mindestens einen vollen Arbeitstag zum Probearbeiten kommen. In den meisten Firmen sind das acht Stunden, in manchen Branchen kann es sogar etwas mehr sein.

Da es sich hier nicht um eine bezahlte Tätigkeit handelt, sollten Sie flexibel sein und am besten mit den Bewerber*innen absprechen, welche Zeiten am besten passen. Bei mehreren Tagen kann die Stundenzahl reduziert werden.

Wird das Probearbeiten bezahlt?

In der Regel gibt es keine Bezahlung. Sie können Kandidat*innen aber eine Aufwandsentschädigung zahlen, wenn diese zum Beispiel Urlaub nehmen mussten oder eine längere Anreise hatten.

Wie lange darf man probearbeiten ohne Bezahlung?

Beim Probearbeiten handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die in keinem Arbeitsverhältnis steht und nicht als beauftragte Tätigkeit zu verstehen ist. Es greifen wegen der zeitlichen Befristung keine tarifvertraglichen oder andere Vorschriften.

Sie sollten aber bedenken, dass es beim Probearbeiten nicht nur darum geht, dass Sie die Fähigkeiten des*der Bewerber*in überprüfen wollen. Auch die Kandidat*innen selbst testen Ihr Unternehmen. Wer nach kurzer Zeit feststellt, dass man als kostenlose Hilfskraft benutzt wird, wird kaum lange bleiben.

In den meisten Fällen reicht ein Tag Probearbeiten aus, bei großen Firmen und komplexen Tätigkeiten können es bis zu drei Tagen sein.

Ist Probearbeiten meldepflichtig?

Da es sich beim Probearbeiten nicht um eine Tätigkeit als Angestellte*r oder Arbeiter*in handelt, müssen Sie als Unternehmen das Probearbeiten nicht anmelden. Das gilt sowohl für das Finanzamt, als auch für die Sozialversicherung.

Wie ist man beim Probearbeiten versichert?

Etwas anders sieht es jedoch für die Unfallversicherung aus. Bei einem Unfall kann nämlich die gesetzliche Unfallversicherung haftbar gemacht werden, zumindest hat dies das Bundessozialgericht 2019 so beschlossen.

In diesem Fall hatte ein LKW-Fahrer sich während des Probearbeitens am Kopf verletzt. Das Gericht sah die Verrichtung als “Wie-Beschäftigter” an. Wenn Bewerber*innen als arbeitssuchend gemeldet sind, kann bei einem Unfall eventuell die Unfallversicherung zahlen.

Da eben kein Arbeitsverhältnis besteht, gilt nicht der gesetzliche Versicherungsschutz. Stattdessen greift im Falle eines Unfalls die private Unfallversicherung der*des Kandidat*in.

Weist die Agentur für Arbeit Bewerber*innen an, Probearbeiten zu absolvieren, besteht der gesetzliche Versicherungsschutz. Verursacht die*der Bewerber*in Sachschäden an Ihrem Unternehmenseigentum, greift die private Haftpflichtversicherung der Bewerber*innen. Es ist deshalb ratsam sich bei der*dem Kandidat*in zu informieren, ob und wie sie*er versichert ist.

Einladung zum Probearbeiten

Die Einladung zum Probearbeiten sollte auf jeden Fall schriftlich erfolgen, wobei eine E-Mail ausreichend ist.

In der Einladung sollten Sie folgende Informationen nennen:

  • Tag und Zeit des Probearbeitens
  • Ort des Arbeitens mit genauer Adresse
  • Namen eines*einer Ansprechpartner*in vor Ort
  • Dauer des Probearbeitens

Sie werden zusätzlich eine Vereinbarung aufsetzen müssen, die Sie bereits mit der E-Mail verschicken können.

Erwähnen Sie folgende Punkte:

  • Details zu dem*der Bewerber*in
  • Ort und Zeitraum des Probearbeitens
  • Ausdrücklicher Hinweis, dass der*die Bewerber*in nicht zu einer Arbeitsleistung verpflichtet ist
  • Nennung einer Person im Unternehmen, die verantwortlich ist für der*die Bewerber*in
  • Hinweis auf die Unentgeltlichkeit des Probearbeitens
  • Hinweis auf eventuelle Entschädigungen (Fahrtkosten, Vergütung von Essen, etc.)
  • Eine kurze Beschreibung des Tagesplans

Diese Vereinbarung sollte man als Unternehmen strikt einhalten, um sich rechtlich abzusichern.

Wie läuft ein Probearbeiten ab?

Als Arbeitgeber*in sollten Sie sich überlegen, welche Bereiche beim Probearbeiten kennengelernt werden sollen. Eventuell fragen Sie den*die Bewerber*in, was er*sie gerne sehen möchte.

Erstellen Sie am besten einen Tagesplan für das Probearbeiten. Sie können die folgende Vorlage für einen Probearbeitstag als Inspiration nutzen:

Vorlage für einen Probearbeitstag

  • 8.30 Uhr: Begrüßung und ein gemeinsames Kaffeetrinken mit Teamleitung, Vorgesetzten oder Geschäftsführung. Besprechung des Tagesplans
  • 9:00 Uhr: Rundgang durch das Unternehmen oder die relevanten Bereiche.
  • 9.30 Uhr: Vorstellung der Kolleg*innen der Fachabteilung und Übergabe an die Bezugsperson für den*die Kandidat*in
  • 9.45 Uhr: Erläuterung der verschiedenen Aufgaben, die mit einer Stelle verbunden sind, zum Beispiel:

  • Welche Software wird benutzt?
  • Welche täglichen Arbeiten müssen durchgeführt werden?
  • Welche Maschinen werden benutzt und wie funktionieren Sie?
  • Wie verläuft der Produktionsprozess?
  • Welche anderen Prozesse sind im Unternehmen vorhanden?

  • 11:00 Uhr: Shadowing – der*die Bewerber*in schaut Kolleg*innen beim Arbeiten über die Schulter und kann Fragen stellen
  • 12:00 Uhr: Gemeinsames Mittagessen mit den zukünftigen Kolleg*innen
  • 13:00 Uhr: Der*die Bewerber*in bekommt einige einfache Tasks und kann daran arbeiten.

Eine bereits seit längerer Zeit im Unternehmen angestellte Person sollte den*die Bewerber*in begleiten und an die Aufgabe heranführen.

Am besten sollte man als Arbeitgeber*in am Anfang des Probetages darauf hinweisen, dass der*die Bewerber*in zu keinerlei Arbeit verpflichtet ist.

Denn Probearbeiten sind nicht dafür da, Bewerber*innen als billige Arbeitskraft für einen Tag oder ein paar Tage auszunutzen.

Sie wollen wissen, wie Bewerber*innen mit kleineren Arbeitsaufträgen zurechtkommen und ob die Arbeitsmoral stimmt – Sie können so festellen, ob die Person in Ihre Unternehmenskultur passt.

Zum Beispiel könnten Sie bei einem Probearbeiten im Kundenservice die*den Bewerber*in dazu animieren bei Kundengesprächen mitzuhören.

Im Nachhinein können Sie dann eventuell besprechen, warum man in diesem Fall auf diese Weise vorgegangen ist.

Oder man bespricht zusammen, wie man theoretisch in verschiedenen Arbeitssituationen vorgehen würde.

Wie geht es nach dem Probearbeiten weiter?

Es bietet sich an, am Ende des Probearbeitens ein gemeinsames Gespräch zu führen. An diesem sollen neben dem*der Bewerber*in die Bezugsperson, die Teamleitung und je nach Stelle, die Geschäftsführung teilnehmen.

In dem Gespräch geht es darum, die jeweiligen Erfahrungen auszutauschen. Wie tief Sie dabei einsteigen, hängt davon ab, ob Sie den*die Bewerber*in auf jeden Fall haben wollen oder noch eine weitere Auswahl haben.

Ist das Probearbeiten auf Wunsch eines*einer Kandidat*en realisiert worden, dann sollten Sie genau zuhören, welche Eindruck er*sie hatte.

1. Probearbeiten bestätigen

Auf jeden Fall sollten Sie den Bewerber*innen nach Abschluss der Probearbeiten eine schriftliche Bestätigung ausstellen.

Darin führen Sie kurz die ausgeführten Tätigkeiten und einige positive Punkte, die Ihnen aufgefallen sind, an.

Sie können diese Bestätigung am Ende des letzten Probearbeitstages aushändigen oder per E-Mail verschicken.

2. Rückmeldung nach Probearbeiten

Sie sollten allen Kandidat*innen, die bei Ihnen zum Probearbeiten waren, eine Rückmeldung geben.

Neben einer Bestätigung sollten Sie Ihre Entscheidung mitteilen. Bei einer Ablehnung bedanken Sie sich für die Zeit, die sich die Kandidat*innen genommen haben und fragen Sie diese, ob Sie sie in Ihren Talent Pool aufnehmen dürfen.

Jede Kommunikation nach außen hin prägt auch Ihr Employer Branding.

Wollen Sie die Person einstellen, sollten Sie dies möglichst umgehend mitteilen, am besten noch beim Abschlussgespräch. Sollte das nicht möglich sein, dann sobald Sie die Entscheidung getroffen haben – was ebenfalls kurz nach dem Abschlussgespräch geschehen sollte.

Je weniger Kandidat*innen auf einen Bescheid warten müssen, umso geringer ist die Gefahr, dass sie abspringen oder Stellen bei Mitbewerbern annehmen.

Probearbeiten Tipps für Arbeitgeber

Um zu vermeiden, dass Sie sich auch nach dem Probearbeiten noch nicht entscheiden können, hier einige Tipps.

Für die Kandidat*innen geht es darum, in der kurzen Zeit einen möglichst positiven Eindruck vom Unternehmen zu bekommen. Für Sie als Unternehmen ist es wichtig, dass Sie sich ein umfassendes Bild über den*die Bewerber*in machen können.

Setzen Sie Ziele für das Probearbeiten

Wenn Sie Kandidat*innen zum Probearbeiten einladen, sollten Sie sich vorher Ziele setzen:

  • Was erwarten Sie vom Probearbeiten?
  • Was erwarten Sie von den Kandidat*innen?

Sie können sich dazu eine Matrix erstellen, in der Sie die verschiedenen Fähigkeiten im Nachgang bewerten.

Fragen zulassen und stellen

Wenn es bei der ausgeschriebenen Stelle nicht um sehr spezielle Fachkenntnisse geht, ist eine ausgedehnte Kommunikation hilfreich.

Bieten Sie an, Fragen zu stellen und fragen Sie zurück. Zum Beispiel, ob die Arbeit vergleichbar mit der vorherigen Tätigkeit ist, ob alles Neu erscheint und ob es schwierig oder einfach aussieht.

NDA vor dem Probearbeiten vorlegen

Sie können nicht ausschließen, dass Bewerber*innen im Auftrag von Mitbewerber*innen Informationen sammeln wollen.

Wirtschaftsspionage kann überall vorkommen. Deshalb bietet es sich an, dass die Bewerber*innen ein Dokument unterschreiben, dass Sie zur Geheimhaltung verpflichtet.

In diesem Non-Disclosure-Agreement (NDA) wird umrissen, welche Bereiche und Aufgaben nicht nach außen getragen werden dürfen.

Die Grenze zwischen Probearbeiten und Arbeiten einhalten

Das Probearbeiten sollte wirklich nur einen Einblick in den Arbeitsablauf geben und bestimmte Fähigkeiten testen.

Sie sollten die Kandidat*innen niemals als kostenlose Arbeitskräfte benutzen. Wenn Sie eine landwirtschaftliche Anlage führen, wären zum Beispiel Handreichungen beim Melken kein Problem. Den kompletten Melkvorgang der*dem Kandidat*in zu überlassen wäre jedoch unzulässig.

Gerade bei einer Probearbeitszeit über mehrere Tage müssen Sie achtgeben, dass die Bewerber*innen nicht in den Arbeitsablauf integriert werden.

Daraus könnten diese nämlich unter Umständen ein Arbeitsverhältnis ableiten und vor Gericht ziehen. Das sollten Sie natürlich vermeiden.

Der Unterschied kann zum Beispiel durch die Rolle der Betreuungsperson deutlich gemacht werden. Handelt es sich um eine weisungsabhängige Arbeit, kann bei einer längeren Probezeit sogar Geld verlangt werden.

Eine weisungsunabhängige Arbeit hingegen bedeutet, dass es an den Kandidat*innen liegt, welche Arbeit diese wie lange machen wollen.

Beim Probearbeiten sollte den Bewerber*innen keine Aufgabe übertragen werden, die sie selbstständig zu Ende bringen sollen. Ebenso darf nicht verlangt werden, eine Firmenkleidung zu tragen – ausgenommen ist Sicherheitsbekleidung oder Kleidung aus Hygienevorschriften.

Die Soft-Skills stehen beim Probearbeiten im Mittelpunkt

Sie sollten die Kandidat*innen beim Probearbeiten nicht mit Tests langweilen. Dafür gibt es ein Assessment-Center.

Vielmehr sollten Sie beobachten, wie sich die Bewerber*innen verhalten. Um sich ein umfassendes Bild machen zu können, sind die Soft-Skills und wie sie eingesetzt werden von großem Interesse. Zu diesen gehören:

  • Allgemeines Verhalten und  Auftreten
  • Teamfähigkeit
  • Fachwissen
  • Lernbereitschaft
  • Aufnahmefähigkeit
  • Konfliktmanagement
  • Durchsetzungsfähigkeit
  • Führungsqualitäten

Sie werden nicht alle diese Skills an einem Tag abrufen können. Deshalb sollten Sie sich auf die wichtigsten konzentrieren.

Wenn Sie bestimmte Aufgaben fürs Probearbeiten formulieren, können Sie besser die Reaktion testen:

  • Simulieren Sie eine Entscheidung, die getroffen werden muss, und fragen Sie die*den Kandidat*in um eine Einschätzung
  • Nehmen Sie die Person mit zu einem Meeting und beobachten Sie das Verhalten
  • Lassen Sie Bewerber*innen an Verkaufsgesprächen teilnehmen
  • Diskutieren Sie Programmiercodes oder das Design einer Webseite
  • Überlegen Sie sich eine Marketingstrategie
  • Sprechen Sie über Prozesse und wie diese verbessert werden können
  • Im Pflegebereich sind Handreichungen und Gespräche mit Patienten möglich

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