Generation Y: Neue Anforderungen an die Arbeitswelt

Zuletzt aktualisiert:
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2021
25.2.21
3/9/2022
3/9/2022
Minuten Lesedauer
Leon Hauber
Die Generation Y hat neue Ansprüche an das Leben und die Arbeit. Darauf müssen sich Unternehmen einstellen und deren Bedürfnisse befriedigen.
Inhalt

Wir haben uns daran gewöhnt, von der Nachkriegsgeneration zu sprechen und von den Babyboomern. Gemeint sind damit die Menschen, die in einem bestimmten Zeitraum geboren sind. Die Generation X zum Beispiel ist zwischen 1965 und 1980 geboren und stellt heute die Mehrheit der Beschäftigten, vor allem im Bereich der höher qualifizierten Jobs.

Jetzt drängt aber eine neue Generation auf den Arbeitsmarkt und in die Führungsetagen: Die Generation Y, die zwischen 1980 und 1999 geboren wurde. Diese Generation hat gleich mehrere Besonderheiten aufzuweisen:

  • Sie hat den Kalten Krieg nicht miterlebt
  • Sie ist mit dem Internet und mobiler Kommunikation aufgewachsen
  • Sie kennt die DDR nur noch aus Kindheitserinnerungen
  • Die Welt war immer global für sie
  • Sie hat keine kriegerischen Auseinandersetzungen und Krisen erlebt (Corona ist die erste wirkliche Krise)

Hinzu kommt, dass die jungen Frauen und Männer der Generation Y in einem Schulsystem groß geworden sind, das ihnen besseren Zugang zu höherer Bildung gab. Entsprechend ist in dieser Generation die Zahl der Abiturient*innen weiter gewachsen. Die Berufswelt hat sich aber durch das Internet verändert: Der Einsatz von Computern in allen Bereichen des Alltags und der Arbeitswelt sowie die weltweite Vernetzung sind selbstverständlich für diese Generation.

Die ältesten Mitglieder der Generation Y sind in den frühen 30ern, die jüngsten werden in diesem Jahr 22 Jahre alt. Sie waren 8 Jahre alt, als das erste iPhone auf den Markt kam. Da das Internet und seine Werkzeuge für diese Generation selbstverständlich ist, werden sie auch als Digital Natives bezeichnet.

Generation Y – warum sie so anders ist

Wenn Mitglieder der Generation Z etwas wissen wollten, gingen sie zum Bücherschrank und suchten im Brockhaus. Eine Telefonnummer stand in einem dicken gelben Buch oder konnte bei der Auskunft erfragt werden. Filme wurden im Fernsehen gezeigt oder im Kino. Das alles klingt für die Digital Natives, als wenn Opa vom Krieg erzählt. Die Generation Y schaut bei Wikipedia nach, wenn sie etwas wissen will, ihr Telefon speichert alle Nummern und YouTube und Co. erlauben Videokonsum, wann immer man es möchte.

Gleichzeitig ist die Zeit aber nicht beim ersten iPhone stehengeblieben, sondern die Technik hat sich in dieser Generation rasant entwickelt. Die Generation Y hat die sogenannte vierte industrielle Revolution in vollem Umfang erlebt und mitgestaltet. Hat die Vorgänger-Generation die Infrastruktur geschaffen, zum Beispiel das Highspeed-Internet und 4G-Verbindungen sowie Google und Facebook, so sind diese Errungenschaften für die Generation Y selbstverständlich geworden. Sie fragen nicht, ob ein Restaurant WiFi hat, sondern was das Passwort ist. Sie sind immer online, was die Kommunikation ebenso verändert hat wie Arbeitszeiten und -ethos.

Der Grund der Verwendung des Buchstabens Y für diese Generation hat übrigens auch einen Hintergrund: Im Englischen wird er wie das Wort “Why” ausgesprochen, das Warum bedeutet. Und ein Kennzeichen der Generation Y ist, dass sie gerne und immer wieder Dinge hinterfragt. Millennials können nicht mit einfachen Antworten abgespeist werden.

Die Werte der Generation Y

Die technischen Voraussetzungen haben den Mitgliedern dieser Generation eine Unabhängigkeit gegeben, die keine Generation vor ihnen hatte. Damit haben sich auch Werte verändert. Das Frankfurter Zukunftsinstitut hat in einer Generation-Y-Studie die Werte, was die Arbeit betrifft, so zusammengefasst:

“War die industriegesellschaftliche Regel noch People follow Jobs, lautet die Devise inzwischen Jobs follow People: Gerade hoch qualifizierte Berufseinsteiger und Young Professionals sind immer weniger bereit, sich äußeren Bedingungen von Unternehmen und Arbeitgebern anzupassen, die nicht ihren Vorstellungen, Wünschen und Bedürfnissen entsprechen.”

Hat die Elterngeneration den Job als Lebensinhalt verstanden (arbeiten, um zu leben), geht es der Generation Y heute um die Qualität und die Einstellung zur Arbeit (Work-Life-Balance). Dabei verschwimmen auch die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem.

Einer ganzen Generation in einer globalen Welt bestimmte Eigenschaften zuzuschreiben ist ohnehin schwierig. Der selbst ernannte Motivationstrainer Simon Sinek hatte in einem viral gegangenen Video die Generation Y als schwierig zu managen, narzisstisch und faul bezeichnet. Als Gründe dafür hat er angegeben, dass sie eine schlechte Erziehung hatten, ungeduldig sind und ihre Umgebung sie zu dem gemacht hat, was sie heute sind. Das hat wie erwartet zu einem Sturm der Entrüstung geführt – zumal Sinek selbst ein Millennial ist.

Tatsächlich sind die Werte der Generation Y andere als die ihrer Eltern – was wenig verwundert, denn jede Generation hat ihre Veränderungen. Millennials, zumindest jene in den Industrieländern, haben eine Freiheit, die es kaum zuvor gegeben hat. Und diese Freiheit wollen sie genießen und verteidigen. In der Studie des Zukunftsinstituts gaben sie auf die Frage “Welche Dinge sind für Sie persönlich besonders wichtig und erstrebenswert?” an:

  • Unabhängigkeit, das Leben selbst bestimmen zu können
  • Spaß zu haben, das Leben zu genießen
  • Einen sinnvollen, erfüllenden Job zu haben

Work-Life-Balance für Generation Y entscheidend

Ein Begriff, der aus der Generation Y erwachsen ist, ist die Work-Life-Balance. Sie bedeutet, dass zwischen Arbeit und Privatleben ein Ausgleich vorhanden sein muss. Die Arbeitswelt darf das Private nicht verdrängen oder überlagern. Es muss, wie so oft gesagt wird, ein Leben nach der Arbeit vorhanden sein. Und das ist mehr, als beim Nachhausekommen noch einen Film zu schauen und den Kindern gute Nacht zu sagen.

Millennials haben zwei aktive Leben: Eines während der Arbeitszeit und eines in der Freizeit. In der Work-Life-Balance sollen beide Lebensbereiche den gleichen Raum haben. Übrigens ist das nicht notwendigerweise mit der Gründung einer Familie verbunden.

Wie die Generation Y die Arbeitswelt versteht

Durch die Freiheit und den Wunsch nach einem erfüllten Leben hat Arbeit für die Millennials einen anderen Stellenwert. Das zeigt sich schon bei der Berufswahl. Eine Kienbaum-Umfrage “Was motiviert die Generation Y im Arbeitsleben” ergab: “Darauf, in welcher Branche sie später arbeiten möchten, antworteten 21% der Studenten, dass sie noch nicht festgelegt sind. Dies spricht für die Flexibilität oder aber auch für die Unsicherheit der Generation Y. Diejenigen, die eine Präferenz haben, würden am liebsten im Bereich der kaufmännischen Dienstleistungen und Beratung arbeiten (37,5%).

Aber es gibt auch eine andere Seite: Die Bereitschaft, sich einzubringen und mitzugestalten, ist so hoch wie nie. Unternehmen können dieses Potenzial viel stärker nutzen als bisher. Denn Millennials sind bereit, Arbeit und Privates zu verbinden, wenn es ihnen genug Spaß macht. Sie schauen auch nicht auf die Arbeitszeiten, was zu einem Problem werden kann. Die Ypsilons sind offen für Neues und bei Veränderungen oft diejenigen, die am einfachsten zu überzeugen sind. Sie können in flexiblen Strukturen arbeiten und sind auch weniger ortsgebunden. Viele haben sogar Auslandserfahrung. Sie wechseln aber auch öfter den Job und bleiben nicht lange an einem Ort, woraus eine höhere Mitarbeiter*innen-Fluktuation in Unternehmen resultiert.

Wie Unternehmen die Generation Y als Talente gewinnen können

So, wie Sie sich den besonderen Anforderungen von Fachkräften und Auszubildenden im Recruiting anpassen müssen, werden Sie eine Strategie für die Generation Y im Recruiting benötigen. Und dazu müssen Sie die Forderungen, die von diesen Mitarbeiter*innen kommen, verstehen:

Moderner Arbeitsplatz

Wer mit dem Smartphone aufgewachsen ist, erwartet eine moderne Ausstattung am Arbeitsplatz. Das betrifft Laptops und Firmen-Handys ebenso wie Videokonferenzen und eine digitale Infrastruktur. Das sind aber nur technische Äußerlichkeiten. Was den Arbeitsplatz selbst angeht, sind die Digital Natives der Generation Y durchaus noch konservativ und mit einem Schreibtisch und Stuhl zufrieden, solange diese ergonomisch sind. Sie brauchen keine Lounge und keinen Meditationsraum, wollen dafür aber im Team arbeiten und immer wieder neue Aufgaben bekommen.

Familiengerechte Arbeit

Eine Familie gründen ist in der Generation Y noch immer wichtig, entsprechend aber wird erwartet, dass Unternehmen familienfreundlich sind. Flexible Arbeitszeiten, Elternzeit in allen Führungsebenen und Homeoffice sind für Millennials nicht verhandelbar, sondern gehören in jeden Arbeitsvertrag. Sie müssen aber nicht gleich einen Firmenkindergarten einrichten: Es geht meistens darum, dass Unternehmen die Probleme der Mitarbeiter*innen mit Kindern verstehen und bereit sind, darauf einzugehen.

Übrigens ist Gleichberechtigung für die Ypsilons keine Frage mehr: Frauen und Männer sollen die gleichen Chancen und Gehälter haben, darin besteht Einigkeit. Entsprechend werden in Y-Familien Karriere-Entscheidungen auch danach getroffen, welche*r Partner*in sich in einer neuen Aufgabe am meisten entwickeln kann. Dass Frauen den Hauptjob haben, ist für Millennials kein Problem – selbst wenn es in der Praxis noch immer die Männer sind, die höhere Gehälter nach Hause bringen. Das ist aber ein Problem der Unternehmen, nicht der Mitarbeiter*innen.

Immer neue Herausforderungen

Junge Menschen der Generation Y bleiben heute im Durchschnitt zwei bis drei Jahre in einer Firma, dann suchen sie neue Herausforderungen. Manche schaffen nicht einmal ein Jahr. Dem können Sie aber gegensteuern. “Ich sage jeweils zu unseren Talenten, sie sollen die Hand heben, wenn sie sich einen Wechsel wünschen”, sagt Jean-Christophe Deslarzes, Head Human Resources des Industrieriesen ABB in einem Interview mit der Handelszeitung.

Was er und andere innovative Firmen machen: Gemeinsam mit den jungen Mitarbeiter*innen nach neuen Aufgaben suchen, die zum Bleiben verhelfen könnten. Das kann ein Karriereschritt nach oben sein, manchmal sind es aber andere Projekte oder sogar eine völlig neue Abteilung. Die Generation Y hat sich lebenslanges Leben auf die Fahne geschrieben, dazu gehören auch völlig neue Erfahrungen.

Globaler Ansatz

Der Schweizer Pharma-Multi Bristol-Myers Squibb weiß um die Wanderlust der Generation Y und hat gleich mehrere Programme ins Leben gerufen, um die Belegschaft weltweit bei Laune und im Unternehmen zu halten. So wurde etwa vom CFO das Programm “Climb” initiiert. Das bedeutet “Cultivating Leadership and Innovation for Millennials and Beyond”.

Gefördert wird in diesem Programm die Diskussion über Wertehaltungen und darüber, wie sich jene der Generation Y von denen der älteren Stammbelegschaft unterscheiden. Der globale Ansatz wird im One-Young-World-Programm der Firma deutlich. Dort haben junge Führungskräfte die Möglichkeit, sich mit Promis wie Kofi Annan oder Bob Geldof über drängende Zukunftsfragen auszutauschen und danach neue Ideen innerhalb der Firma zu präsentieren.

Ihr Unternehmen muss nicht gleich Superstars einladen, um die perfekte Generation-Y-Arbeitswelt zu schaffen. Es würde zum Beispiel schon reichen, ein Austauschprogramm mit globalen Partner*innen einzuführen. In diesem können Mitarbeiter*innen zwei Wochen oder länger bei einem*einer Lieferant*in oder Lizenznehmer*in im Ausland verbringen und lernen, wie dort gearbeitet wird. Oder Sie führen Videokonferenzen mit Firmen aus anderen Ländern ein. In einem Unternehmensverbund würden auch kurzzeitige Jobwechsel innerhalb der Gruppe ausreichen.

Zum globalen Ansatz gehört übrigens auch die Diversität. Menschen aus unterschiedlichen Kulturen bereichern ein Unternehmen und machen es profitabler. Es kommen neue Denkansätze und Sichtweisen. Die Mitarbeiter*innen fühlen sich erst dann in einem globalen Unternehmen, wenn sich das auch in der Zusammensetzung der Belegschaft zeigt. Hier muss die Personalverwaltung beweisen, dass Diversität als Teil der Unternehmenskultur ernst gemeint ist.

Purpose und Umwelt

Wir alle wollen einen Sinn im Leben sehen, die Generation Y will aber noch einen Purpose. Damit ist eine sinnstiftende Aufgabe gemeint, die, zumindest ein wenig, hilft, die Welt besser zu machen. Das ist zunehmend auch mit dem Erhalt der Umwelt und dem Kampf gegen den Klimawandel verbunden.

Firmen, die klimaneutral produzieren, eine E-Flotte haben oder zugunsten der Bahn auf Inlandsflüge verzichten, können bei Millennials durchaus punkten. Wenn Sie in Ihrer Unternehmensvision glaubhaft machen können, dass Sie höhere Ziele als nur Profite haben, beeindruckt das junge Menschen. Sie wollen in Firmen arbeiten, deren Zuliefer*innen in Entwicklungsländern nicht ausgebeutet werden oder in denen nur Männer eingestellt werden. Sie wollen die Welt verbessern, auf eine sehr konkrete Art und Weise, nämlich in ihrer täglichen Arbeit und nicht wie ihre Eltern bei zwei Demos im Jahr.

Das Generation-Y-Problem Burnout

Die Flexibilität, das große Mitarbeiter*innen-Engagement, der Spaß an der Arbeit und ständig online zu sein hat für die Generation Y auch Schattenseiten. Viele brennen schnell aus. Das Sabbatical ist weniger eine Zeit, sich selbst zu finden, sondern durchzuatmen und sich kurzzeitig vom Stress zu erholen. Im Silicon Valley, wo Google und Facebook ihren Sitz haben, berichten Mitarbeiter*innen davon, kaum noch zu Hause zu sein. Chefs wie Elon Musk erhöhen den Druck noch, wenn sie Bilder von sich auf Twitter zeigen, wie sie in der Tesla-Fabrik schlafen. Eine 70-Stunden-Woche ist für Software-Entwickler*innen keine Seltenheit. Auch in deutschen Start-ups wird viel von Mitarbeiter*innen verlangt, ohne dass dabei immer auf die Uhr geschaut wird.

Um das zu verhindern, sollten Sie das Potenzial der Digital Natives nutzen, aber nicht überstrapazieren. Manchmal müssen die Zügel etwas angezogen und klare Ansagen gemacht werden, wenn das Engagement zu groß wird. Unternehmen, die klar machen, dass sie sich an Arbeitszeiten halten und ihnen das Wohl der Mitarbeiter*innen wichtiger ist als der Trend im Burndown-Chart des Scrum Sprints, werden die Generation Y länger halten und auch eher neue Mitarbeiter*innen für das Unternehmen interessieren.

Für Führungskräfte kann das Bremsen der Mitarbeiter*innen eine echte Herausforderung sein, denn manchmal wird es als unberechtigte Kritik wahrgenommen. Deswegen werden Sie Wege finden müssen, wie das Tempo so gedrosselt werden kann, dass der Enthusiasmus nicht darunter leidet.

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