Candidate Persona: So erstellen Sie ein erfolgreiches Kandidat*innen-Profil

Zuletzt aktualisiert:
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2022
10.10.22
12/10/2022
12/10/2022
Minuten Lesedauer
Luisa Spardel
Recruitee
Mit einer Candidate Persona sind Sie in der Lage, aus der Zielgruppe die passenden Kandidat*innen zu identifizieren und Ihr Recruiting zu optimieren.
Inhalt

Um den*die richtige*n Kandidat*in zu finden, braucht es mehr, als nur eine Stellenbeschreibung zu veröffentlichen und darauf zu warten, dass sich jemand bewirbt.

Selbst mit den besten Anforderungsprofilen und zielgerechter Nutzung der Recruiting-Kanäle kann es dauern, bis wirklich geeignete Kandidat*innen sich melden.

Leider schöpfen viele Unternehmen noch immer nicht das Potenzial des modernen Recruitings aus, wie eine Studie von Deloitee zeigt. Demnach haben gerade einmal 36 Prozent der befragten Firmen eine umfassende Recruiting-Strategie. Hier kommt die Candidate Persona ins Spiel.

Was ist eine Candidate Persona?

Eine Candidate Persona ist ein fiktives Profil eines*einer ideale*n Kandidat*in für eine bestimmte Rolle. Es ist eine Art Idealvorstellung, basierend auf den realen Anforderungen, die Sie an Bewerber*innen stellen.

Die Idee kommt aus dem Marketing, wo man sich den*die ideale*n Kund*in als Person vorstellt. Diese Person wurde in allen Eigenschaften beschrieben, von der bevorzugten Kleidung über berufliche Ambitionen bis hin zu den Namen ihrer Kinder. Auf diese Weise konnte man sich die abstrakte Person „Kund*in“ bildlich vorstellen.

Es reicht heute nicht mehr aus, lediglich nach fachlichen Qualifikationen zu schauen. Sie möchten Menschen einstellen, und diese sollten bestimmte Fähigkeiten mitbringen, die allgemein als Soft Skills bezeichnet werden. Diese stehen nicht unbedingt im Lebenslauf.

Wenn Sie einen Cultural Fit erreichen wollen, müssen Sie auch aktiv danach suchen.

Die Candidate Persona beschreibt Ihre Wunschkandidat*innen so, dass Sie eine bessere Vorstellung bekommen, wonach und wo Sie suchen müssen. Die Candidate Persona hilft Ihnen, bei der Auswahl der Bewerber*innen nach denen zu schauen, die dem Idealprofil am nächsten kommen – und erspart Ihnen dadurch viel Zeit und Aufwand.

Was ist der Unterschied zwischen Anforderungsprofil und Candidate Persona?

Bei einem Anforderungsprofil schreiben Sie auf, welche Fähigkeiten eine Person mitbringen muss und welche Anforderungen die Stelle an diese Person stellt. Hier stehen meist die fachlichen Qualifikationen im Mittelpunkt.

Die Candidate Persona geht aber über das Anforderungsprofil hinaus. Sie versucht, eine Person als Ganzes zu beschreiben. Sie schließt Stärken und Schwächen mit ein und beschreibt charakterliche Eigenschaften. Scheinbare Nebensächlichkeiten, wie bevorzugte Urlaubsorte, sind für dieses Kandidatenprofil wichtig, ebenso wie Bedürfnisse und Leidenschaften.  

Welchen Zweck hat die Candidate Persona?

Je konkreter die Vorstellung der möglichen Kandidat*innen für eine Stelle ist, umso einfacher ist die Suche nach den realen Entsprechungen. Es fokussiert Ihr Recruiting auf spezifische Personen innerhalb einer Zielgruppe.

Wenn Sie zum Beispiel jemanden für die Softwareentwicklung suchen, dann besteht die Zielgruppe überwiegend aus Personen mit Studienabschluss, Berufserfahrung und einer bestimmten Altersspanne. Sie finden diese Talente in Business-Netzwerken und über persönliche Empfehlungen. 

Mit der Candidate Persona tauchen sie tiefer in die Zielgruppe ein. Sie ist eine Art Kompass, der sie zu den Personen führt, die in möglichst vielen Belangen mit Ihrer Vorstellung übereinstimmen.


Die Candidate Persona hilft Ihnen, die Qualität der Kandidat*innen zu erhöhen, die in die engere Auswahl kommen. Sie vereinfacht die Suche nach geeigneten Bewerber*innen und vermeidet Streuverluste durch eine zu groß gesetzte Zielgruppe.

Was sind die Vorteile einer Candidate Persona

Anforderungsprofile haben den Nachteil, dass sie letztlich nur Worte sind. Wir Menschen sind visuell geprägte Wesen und leben vom Kontext. Je mehr Kontext wir schaffen, desto besser können wir Zusammenhänge verstehen und greifbar machen.

Das ist wie beim Sprachen lernen: Wenn Sie in einem anderen Land leben und die Dinge sehen, deren Namen Sie lernen wollen, dann merken Sie sich das Wort eher als wenn Sie zu Hause aus einem Buch lernen. 

Ähnlich ist es mit der Candidate Persona. Sie schaffen einen Avatar, an dem Sie alle Recruiting-Bemühungen testen können. Gleichzeitig lernen Sie, die Wünsche und Anforderungen von Bewerber*innen zu verstehen. Sie können sich in die Rolle von Kandidat*innen versetzen und Ihren Bewerbungsprozess aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Wie erstellen Sie eine Candidate Persona?

Um ein Profil des*der idealen Kandidat*in zu erstellen, lohnen sich zunächst einige Nachforschungen. Reden Sie als Erstes mit Ihren HR-Kolleg*innen. Ein ähnliches Gespräch sollten Sie mit der Fachabteilung, wo die Stelle besetzt werden soll, führen. 

Achten Sie dabei auf die menschlichen Eigenschaften, die verlangt werden: Fragen die Mitarbeiter*innen nach mehr Diversität, wird hier im Team gearbeitet und mit flachen Hierarchien, unternehmen die Angestellten in der Abteilung viel gemeinsam?

Aus diesen Informationen können Sie ableiten, welche Eigenschaften von den Bewerber*innen mitgebracht werden sollten. Einzelgänger*innen würden hier zum Beispiel nicht passen, dafür aber jemand mit Familie, und auch ältere Menschen.

Machen Sie Notizen darüber, wo die Kandidat*innen arbeiten sollen, wo der Arbeitsplatz liegt, welche Aufgabe täglich erledigt werden müssen, wer die Vorgesetzten sind und wie die Arbeitsstrukturen im Team oder der Abteilung sind.

In den Gesprächen entwickeln Sie ein Gefühl für das Profil und die Person, die Sie erschaffen wollen. Sie können dann auch Ihre eigenen Ideen hinzufügen. Am besten erstellen Sie die Candidate Persona in einem kleinen Workshop mit mehreren Mitarbeiter*innen.

Sie können übrigens auch Beschäftigte, die den Ansprüchen nahe kommen, als ein Vorbild nehmen. So formen Sie aus einem zunächst verschwommenen Bild eine (oder mehrere) konkrete Personen.

Was macht eine gute Candidate Persona aus?

Sie beginnen zunächst mit den allgemeinen Informationen über die Person. Zu diesen gehören:

  • Name und Vorname
  • Foto
  • Alter
  • Adresse
  • Familienstand
  • Derzeit ausgeübter Beruf
  • Beruflicher Werdegang (inklusive Schulabschluss)

Besondere Qualifikationen

Im nächsten Schritt geht es an den Charakter und die Bedürfnisse:

  • Welche Ziele im Leben und im Beruf hat die Person?
  • Welche herausragenden Charaktereigenschaften sind vorhanden? (Geduldig-ungeduldig, abwartend-voran preschend, aktiv-passiv, starke-schwache Ausstrahlung, denkend-fühlend, Einzelgänger*in-Gruppenmensch).

Sie können auch das Big-Five-Modell verwenden, in denen die fünf wichtigsten Charaktereigenschaften beschrieben werden:

  • Offenheit
  • Gewissenhaftigkeit
  • Extroversion
  • Verträglichkeit
  • Emotionale Stabilität

Wenn Sie Menschen besser kennenlernen wollen, müssen Sie deren Bedürfnisse kennen. 

Berufliche Bedürfnisse:

  • Gehalt
  • Verantwortung
  • Entfaltungsmöglichkeiten
  • Kreatives Umfeld
  • Sicherer Arbeitsplatz
  • Karriere
  • Work-Life-Balance
  • Einfacher Bewerbungsprozess

Persönliche Bedürfnisse (Gain):

  • Familie oder Single-Leben
  • Gesundheit
  • Aktives Leben
  • Die Welt besser machen wollen
  • Sicherheit
  • Abenteuerlust

Jeder von uns hat bestimmte Ängste oder Dinge, die uns ärgern (oft als Pain bezeichnet). Auch diese sollten eine Rolle bei der Entwicklung der Candidate Persona spielen. Hierzu gehören:

  • Hierarchien
  • Komplizierte Bewerbungsprozesse
  • Keine klaren Strukturen
  • Viel (Eigen-)Verantwortung
  • Wechselnde Teams

Beispiele für eine Candidate Persona

Softwareentwickler*in

Sie haben eine Stelle in der Softwareentwicklung frei. Ihre Kund*innen sind Finanzdienstleister. Sie suchen Kandidat*innen, die etwa fünf Jahre Berufserfahrung haben, die in der Lage sind, mit Scrum-Teams zu arbeiten, gut in Java als Programmiersprache sind und in der Zukunft ein Team leiten können. Die Person muss belastbar sein, weil Deadlines eingehalten werden müssen.

Zielgruppe: Berufsanfänger*innen mit drei bis fünf Jahren Berufserfahrung und Studienabschluss, oder Quereinsteiger mit entsprechender Qualifikation. Digital aufgestellte Teamplayer.

Name und Vorname: Günther Warendorf

Alter: 32

Adresse: Frankfurt am Main

Familienstand: Verheiratet, ein Kind, Doppelverdiener

Derzeit ausgeübter Beruf: Entwickler in der IT bei einer Bank

Beruflicher Werdegang: Gymnasium in Eschborn bei Frankfurt, Studium Computerwissenschaften in Frankfurt, Sechs Monate Praktikum in den USA bei einem Start-up, das von Google gekauft wurde und eine App für Onlinelieferungen im B2B-Bereich programmiert hat. Dann Junior Developer bei einer IT-Firma im Fintech-Bereich, nach zwei Jahren direkt beim Kunden, einer Bank, eingestellt. Er sucht ein neues Arbeitsumfeld. 

Besondere Qualifikationen

  • Kann in C und C++, Java, Python und C# programmieren.
  • Hat ein Training zum Scrum Master belegt
  • Kocht gerne und nimmt an Wettbewerben teil
  • Hilft einem Verein, der E-Car-Sharing anbietet
  • Wandert gerne
  • Verbringt die meisten Urlaube in Europa

Bedürfnisse

  • Sucht nach Sicherheit für sich und die Familie
  • Plant ein weiteres Kind
  • Will mehr Führungs- und strategische Aufgaben übernehmen
  • Möchte teilweise von zu Hause aus arbeiten
  • Will sich beruflich verändern, ohne ein großes Risiko einzugehen

Das verärgert ihn:

  • Unternehmen, die nicht nachhaltig und umweltfreundlich sind 
  • Kann nicht gut in komplizierten Strukturen arbeiten
  • Technik, die nicht auf dem neuesten Stand ist

Abteilungsleitung Buchhaltung

Sie sind ein mittelständisches Unternehmen mit 120 Angestellten. Sie sind spezialisiert auf die Produktion von Spezialteilen für die Raumfahrtindustrie. Sie haben eine Niederlassung in den USA. Für den Stammsitz suchen Sie eine neue Buchhaltungsleitung, die sich mit internationalem Accounting auskennt, Führungsqualitäten (vier Mitarbeiter*innen) hat und in der Lage ist, auch finanzielle Strategien zu entwickeln.

Zielgruppe: Buchhalter*innen und Controller*innen mit Berufserfahrung, die in der Lage sind, über ihren Fachbereich hinauszudenken. Keine Berufsanfänger*innen. 

Name: Marlene Kröger

Alter: 29

Adresse: Jena

Familienstand: Ledig, lebt mit Partner zusammen

Derzeit ausgeübter Beruf: Financial Controllerin bei einem Automobilzulieferer

Beruflicher Werdegang: Schule in Rostock, Abitur, kaufmännische Lehre, anschließend Studium Rechnungswesen (berufsbegleitend), Anstellung in einem Metall verarbeitenden Vertrieb. Mit 25 Jahren Wechsel zu einem Automobilzulieferer, dort jetzt stellvertretende Abteilungsleitung. Sie hat einen guten Job, steht aber einem Wechsel offen gegenüber, wenn die Aufgabe spannend ist.

Besondere Qualifikationen

  • IHK geprüfte Controllerin
  • Studierte nebenbei noch Controlling
  • Hat zwei Führungskräfte-Seminare absolviert
  • Läuft Marathons
  • Liebt ihre zwei Hunde
  • Legt als DJ auf 

Bedürfnisse:

  • Sucht Herausforderungen in ihrem Fachgebiet
  • Möchte gestalten und verändern, wo notwendig
  • Will mehr Verantwortung übernehmen

Das verärgert sie:

  • Mag es nicht, als Frau unterschätzt zu werden
  • Keine Auslandserfahrung, will diese aber nachholen

Wie wenden Sie eine Candidate Persona an

Nehmen Sie sich das Profil der Candidate Persona vor und überlegen Sie sich, wie Sie eine solche Person am besten ansprechen und erreichen können. 

  • Liest die Person Stellenanzeigen in Netzwerken oder in Stellenbörsen
  • Welche Ansprüche an das Recruiting könnte die Person haben?
  • Ist die Person offen für einen Cold Call?
  • Können Sie die Person direkt zu einem Interview einladen?
  • Welche Eigenschaften sind für Sie besonders wichtig?

Sie können die Candidate Persona auch als Schablone für bereits eingegangene Bewerbungen verwenden. Vergleichen Sie, wieweit die Kandidat*innen dem Profil entsprechen und wo es große Diskrepanzen gibt. Diskutieren Sie dann in Teams, wie Sie diese bewerten.

Darauf sollten Sie bei der Verwendung von Candidate Personas achten

Die Candidate Persona ist eine Idealvorstellung der einzustellenden Person. Das bedeutet immer, dass Sie Kompromisse machen müssen, wenn es um die Einstellung realer Bewerber*innen geht. Sie werden eher selten zu 100% den Modellpersonen entsprechen.

Ein weiterer Nachteil von Candidate Personas ist, dass sie manchmal zu spezifisch sind. Sie haben dann eine Persona so detailreich entwickelt, dass am Ende kaum ein*e passende*r Kandidat*in gefunden werden kann. Vielmehr besteht noch das Risiko, dass Sie vielversprechende Bewerber*innen damit ausschließen.

Diese Herausforderung besteht besonders bei Frauen und Männern. Eine Candidate Persona beschreibt einen Menschen, und damit ist meistens ein bestimmtes Geschlecht verbunden. Das kann wiederum zur Folge haben, dass dann nur nach Männern oder Frauen gesucht wird. Sie können natürlich das Geschlecht offen lassen, wenn Ihnen das hilft.

Eine Alternative schaffen sogenannte Secondary Profiles. In diesen können Sie bestimmte Eigenschaften des Kandidatenprofils verändern – etwa das Geschlecht. Sie können dann bei der Auswahl der Bewerber*innen zunächst das Hauptprofil anlegen, dann aber auch die Zweitpersona verwenden.

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