Die Leistungsbeurteilung – Notwendiges Übel oder essentiell für die Mitarbeiter*innen-Motivation? Laut einer Studie von Accenture sind 9 von 10 Führungskräften der Meinung, dass regelmäßige Leistungsbewertungen zur Verbesserung der Geschäftsergebnisse beitragen.
Allerdings ist die Mehrheit der Mitarbeiter*innen mit dem traditionellen Prozess der Zielvereinbarung und Jahresgespräche alles andere als zufrieden. 65 % der Angestellten empfinden ihre Leistung als nicht objektiv genug bewertet. Darüber hinaus nehmen mehr als die Hälfte die Vergabe von Noten zur Beurteilung als negative Erfahrung war.
Das Problem scheint hier beim Prozess zu liegen und nicht bei der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit des Konzepts. Ganze 89 % der Mitarbeiter*innen sind der Meinung, dass sich ihre Leistung durch eine andere Form der Bewertung verbessern würde.
Wie können Sie also Ihre Leistungsbeurteilungen so gestalten, dass sie nicht nur als Pflichtübung durchgeführt werden, sondern einen echten Mehrwert für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen bringen? Das zeigen wir Ihnen in diesem Artikel.
Eine Definition der Leistungsbeurteilung
Die Leistungsbewertung ist ein wesentlicher Bestandteil des jährlichen Performance Management Prozesses. Dieser beginnt meist am Anfang des Jahres mit der Vereinbarung von Zielen für jede*n einzelne*n Mitarbeiter*in. Daraufhin gehen die Angestellten im Laufe des Jahres ihrer Arbeit nach und werden dabei von ihren Vorgesetzten beobachtet, begleitet und eingeschätzt.
Am Ende des Jahres findet ein Mitarbeiter*innen-Beurteilungsgespräch statt. Dabei halten Führungskräfte fest, ob und in welchem Maß die Mitarbeiter*innen ihre vereinbarten Ziele, Aufgaben und Anforderungen erfüllt haben. Gleichzeitig wird das Verhalten der Angestellten unter die Lupe genommen und bewertet, wie sie sich gegenüber Vorgesetzten, Kolleg*innen und Kund*innen gegeben haben.
Die Leistungen werden in der Regel anhand von festgelegten Kriterien, beispielsweise messbaren Kennzahlen, beurteilt. Daraus ergibt sich eine Gesamteinschätzung, die oft in Form einer Note vergeben wird. Arbeitet das Unternehmen mit einer leistungsabhängigen Vergütung, dann hat die Leistungsbewertung Auswirkungen auf den Bonus der Mitarbeiter*innen. Derzeit ist die Leistungsbeurteilung anhand von OKRs (= Objectives and Key Results) eine beliebte Methode.
Das ist allerdings noch nicht alles! Das Performance Management ist wiederum Teil des Talent Managements. Im Rahmen der Leistungseinschätzung werden auch Potenzialanalysen durchgeführt, um Weiterentwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter*innen aufzuzeigen. Wie stellt sich der*die Mitarbeiter*in seine*ihre Zukunft im Unternehmen vor? Würde er*sie von einem Training profitieren? Ist er*sie bereit für eine Beförderung in die nächsthöhere Position? Auch diese Fragen sind ein wichtiger Teil des Mitarbeiter*innen-Gesprächs.
Die 7 schlimmsten Fehler bei der Leistungsbeurteilung und wie Sie sie vermeiden
In den meisten Unternehmen haben sich Fehler eingeschlichen, die bei Führungskräften und Mitarbeiter*innen jedes Jahr aufs neue für Frustration sorgen. Dadurch hat die Leistungsbeurteilung zu Unrecht einen schlechten Ruf erhalten. Wir zeigen Ihnen, was die häufigsten Fehler sind und wie Sie es besser machen können.
1. Es mangelt an Qualität bei der Zielvereinbarung
Der Grundstein für eine erfolgreiche Leistungseinschätzung wird schon in der Zielvereinbarung gelegt. Die Ziele ergeben sich meistens aus der Stellenbeschreibung des*der Mitarbeiter*in und den übergeordneten Unternehmenszielen. Konflikte sind jedoch vorprogrammiert, wenn sich die Mitarbeiter*innen nicht mit ihren Zielen identifizieren. Das geschieht, wenn sie das Gefühl haben ihren Erfolg oder Misserfolg ungenügend beeinflussen zu können, zum Beispiel wenn zu viele externe Faktoren eine Rolle spielen.
Wie es besser klappt
Tipps für Führungskräfte: Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter*innen in die Formulierung der Ziele unbedingt mit ein. Dazu können Sie die SMART-Formel zur Hilfe nehmen:
- S – Spezifisch
- M – Messbar
- A – Akzeptiert
- R – Realistisch
- T – Terminierbar
Außerdem ist es wichtig Ziele flexibel zu gestalten. Passen Sie sie im Laufe des Jahres an, wenn sich entscheidende Bedingungen verändert haben.
Tipps für Mitarbeiter*innen: Seien Sie offen und ehrlich bei der Zielvereinbarung, denn jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Bedenken zu äußern. Sie können außerdem aktiv Vorschläge machen und persönliche Entwicklungsziele angeben.
2. Die Leistungsbeurteilung wird nur als Pflichtaufgabe angesehen
Die Einstellung jedes*jeder Einzelnen gegenüber der Mitarbeiter*innen-Beurteilung beeinflusst den Erfolg des Prozesses. Wenn schon die Führungsriege wenig Enthusiasmus zeigt und die Leistungsbewertung als Pflichtaufgabe abtut, wie sollen dann die Mitarbeiter*innen den Prozess ernst nehmen? Daraus entsteht eine negative Haltung, die sich in der Unternehmenskultur verankert und verhindert, dass die Mitarbeiter*innen-Beurteilungsgespräche einen echten Mehrwert bringen.
Wie es besser klappt
Tipps für Führungskräfte: Wenn Sie die Leistungsbeurteilung als einen essentiellen Bestandteil Ihrer Führungsarbeit ansehen und dessen Priorität offen kommunizieren, verbreiten Sie eine positive Einstellung zum Prozess.
Tipps für Mitarbeiter*innen: Sehen Sie die Leistungseinschätzung als Chance, die neue Möglichkeiten eröffnen kann. Dies ist die ideale Gelegenheit mit dem*der Chef*in über Weiterbildungsmöglichkeiten und die persönliche Entwicklung zu sprechen.
3. Die Leistungsbewertung findet zu selten statt
Dies ist ein entscheidendes Problem von jährlichen Mitarbeiter*innen-Bewertungen: Das Feedback erreicht die Angestellten nicht zeitnah. Lob oder Kritik, welche mit einer Verzögerung von mehreren Monaten ausgesprochen werden, zeigen kaum eine Wirkung. Oft können sich die Mitarbeiter*innen nicht einmal mehr an die konkreten Situationen erinnern. Außerdem wird dadurch die Bewertung mitunter verzerrt. Die Führungskraft erinnert sich besser an die Vorfälle – positiv oder negativ – welche kurz vor dem Gespräch stattgefunden haben (auch Nikolaus-Effekt genannt).
Wie es besser klappt
Tipps für Führungskräfte: Anerkennung und Verbesserungsvorschläge sollten Sie unverzüglich kommunizieren. So haben Ihre Mitarbeiter*innen die Chance, Defizite sofort auszugleichen. Auch eine Art Tagebuch kann Ihnen dabei helfen, die erbrachten Leistungen Ihrer Teammitglieder über einen längeren Zeitraum hinweg festzuhalten. Wenn kontinuierliches Feedback gegeben wird, gibt es im Mitarbeiter*innen-Gespräch am Ende des Jahres keine Überraschungen mehr.
Tipps für Mitarbeiter*innen: Wenn der*die Vorgesetzte mit Feedback knauserig umgeht, dann fordern Sie es aktiv ein. Diese Initiative zur eigenen Verbesserung wissen Führungskräfte sehr zu schätzen. Sie können außerdem Ihre Erfolge schriftlich festhalten, damit Sie diese für die Leistungsbeurteilung sofort parat haben.
4. Die Bewertung wird als unfair wahrgenommen
Die Bewertung fällt scheinbar willkürlich aus, die Bewertungsmaßstäbe lassen sich nicht nachvollziehen, und es wird vorwiegend subjektiv bewertet? Kein Wunder, dass sich die Mitarbeiter*innen unfair behandelt fühlen. Auf Dauer steigt die Frustration und die Mitarbeiter*innen-Bindung leidet.
Wie es besser klappt
Tipps für Führungskräfte: Zum einen sollten Sie für die Bewertung ein ausgewogenes Maß an objektiven Quellen, wie konkrete Daten und Zahlen, sowie subjektiven Quellen, wie die Einschätzungen von Kund*innen und Kolleg*innen, heranziehen. Zum anderen sollte jede Leistungsbeurteilung so individuell wie möglich stattfinden und sich auf die akzeptierten Zielvereinbarungen und Erwartungen beziehen.
Tipps für Mitarbeiter*innen: Sie haben das Recht gegen eine schlechte Beurteilung Widerspruch einzulegen, wenn Sie der Meinung sind, dass die Bewertung nicht fair durchgeführt wurde. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem*Ihrer Vorgesetzten und beziehen Sie, wenn nötig, die Personalabteilung und/oder den*die Betriebsrät*in mit ein.
5. Beurteilungsfehler beeinflussen die Bewertung
Vorgesetzte sind auch nur Menschen, die vor Beurteilungsfehlern nicht gefeit sind. Es gibt davon mehr als Sie ahnen. Beispielsweise besagt der Lorbeer-Effekt, dass besonders gute oder schlechte Leistungen eher im Gedächtnis hängen bleiben und deshalb auch eher zur Leistungsbewertung herangezogen werden. Ein weiterer Fehler ist der Halo-Effekt. Dabei beeinflusst ein Aspekt einer Person (z. B. das Hobby, das Mitarbeiter*in und Chef*in gemeinsam haben) die Gesamtbewertung.
Wie es besser klappt
Tipps für Führungskräfte: Es ist äußerst schwierig Beurteilungsfehler zu vermeiden, da sie hauptsächlich unterbewusst ablaufen. Allerdings hilft es schon, sich dieser bewusst zu werden. Dann können Sie aktiv gegensteuern und so objektiv wie möglich handeln.
Tipps für Mitarbeiter*innen: Sie können Ihrem*Ihrer Chef*in die Bewertung erleichtern, indem Sie Ihre Leistungen dokumentieren und diese schon vor dem finalen Mitarbeiter*innen-Gespräch zur Sprache bringen.
6. Das Bewertungsgespräch ist nicht genügend vorbereitet
Zum Jahresende hin häufen sich die Aufgaben für Führungskräfte. Gespräche mit allen Mitarbeiter*innen wollen vorbereitet und geführt werden. Wenn die Zeit knapp wird und der Druck steigt, wird die Leistungsbeurteilung am Fließband abgewickelt, nur damit die Unternehmensvorgaben erfüllt sind. Das ist leider eine vertane Chance für Vorgesetzte und Angestellte.
Wie es besser klappt
Tipps für Führungskräfte: Mithilfe einer HR-Software können Sie die Ziele, Leistungen und Erfolge der Mitarbeiter*innen in einer Art digitalen Personalakte festhalten und im richtigen Moment für die Leistungsbeurteilung nutzen. Mit unserer Software Recruitee können Sie einfach Talent Pools erstellen und verwalten, um die vielversprechendsten Talente im Blick zu behalten.
Tipps für Mitarbeiter*innen: Auch als Angestellte*r sollten Sie sich intensiv auf das Gespräch vorbereiten. Das geht am besten mit einer Selbsteinschätzung. Wie bewerten Sie Ihre Leistung im vergangenen Jahr? Haben Sie Ihre Ziele erreicht? Was hätten Sie besser machen können?
7. Feedback findet nur einseitig statt
In der traditionellen Abwärtsbeurteilung obliegt es dem*der Vorgesetzten die Leistung der Mitarbeiter*innen zu beurteilen. Nach Feedback von den eigenen Angestellten zu fragen kommt vielen Chef*innen gar nicht erst in den Sinn, obwohl es ihrer eigenen Entwicklung helfen würde. Sie befürchten ihr Gesicht zu verlieren und sich angreifbar zu machen.
Wie es besser klappt
Tipps für Führungskräfte: Fragen Sie Ihr Team aktiv nach Verbesserungsmöglichkeiten: Was sollte ich in Zukunft anders machen? Wie kann ich Sie besser bei Ihrer Arbeit unterstützen? Ihre Mitarbeiter*innen werden diese Einladung zu schätzen wissen.
Tipps für Mitarbeiter*innen: Führungskräfte sind auch nur Menschen, die Fehler machen. Anstelle dem*der Chef*in darzulegen, was er*sie alles falsch gemacht hat, konzentrieren Sie sich darauf konkrete Vorschläge für die Zukunft zu geben.
Die Rolle der Personalabteilung
Die Personalabteilung leistet wichtige Vorarbeit, damit die Leistungsbeurteilungen erfolgreich ablaufen. In der Regel legt sie den zeitlichen Ablauf fest und gibt den Anstoß für die Durchführung der Bewertungen. Außerdem hilft sie bei der Erarbeitung standardisierter Vorlagen und Bewertungskriterien sowie schult Führungskräfte in der optimalen Gesprächsführung.
Wenn die Leistungsbeurteilungen abgeschlossen sind, ist die Personalabteilung an der Umsetzung der Konsequenzen beteiligt. Dies können beispielsweise Bonuszahlungen, Gehaltserhöhungen, Beförderungen und Weiterbildungen sein aber auch Mahnungen oder Kündigungen.
Alles in allem ergeben sich aus den Leistungsbeurteilungen wichtige Informationen für Ihre Personalplanung und -entwicklung. Richtig durchgeführt sind sie ein wichtiges Instrument für effektive Mitarbeiter*innen-Führung und aus der modernen Unternehmensführung nicht mehr wegzudenken.