Einen Talent Pool aufbauen: die 8 größten Vorteile

Zuletzt aktualisiert:
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2021
27.5.21
10/11/2022
10/11/2022
Minuten Lesedauer
Leon Hauber
In diesem Artikel erläutern wir, wie man sich einen Talent Pool aufbaut, wo man Talente findet sowie die die Vor- und Nachteile.
Inhalt

Personalisierte Daten sind heute zu einem wertvollen Rohstoff geworden, der wie Kohle und Weizen gehandelt wird. Wer bei der HR Digitalisierung vorne mit dabei ist, hat oft einen Vorteil, wenn es um Analysen und Trends geht. Im Recruiting sind Daten ebenso wichtig geworden, und ein Datensatz sticht dabei besonders hervor: der Talent Pool.

Ein Talent Pool ist zunächst einmal nur eine Datenbank mit Kontakten von potenziellen Kandidat*innen. In kleineren Firmen ist das oft nur eine Excelliste, bei mittleren und großen Unternehmen ist der Talent Pool in der Regel Teil der Recruiting-Software.

Im Talent Pool werden alle Bewerber*innen gespeichert, die nicht eingestellt worden sind. Das ist aber nur der Anfang. Wenn Sie es ernst meinen mit einer Talent-Datenbank, dann werden Sie andere Kontakte darin aufnehmen, je nachdem welche Recruitingkanäle Sie nutzen.

Der größte Vorteil bei einem Talent Pool ist, dass Sie bereits eine Auswahl an Kandidat*innen haben und nicht erst auf die Suche gehen müssen. Er kann sich zu einem Ihrer erfolgreichsten Recruitingkanäle entwickeln, wenn Sie ihn entsprechend pflegen. Viele Firmen und große Organisationen nutzen den Talent Pool, wenn sie sehr schnell Stellen besetzen müssen. Sogar das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR greift auf diese Maßnahme zurück, gerade wenn es um zeitlich befristete Stellen geht, für die rasch Fachleute gebraucht werden. Interessent*innen können sich hier jederzeit eintragen und ihr Profil hinterlassen.

In einer wissenschaftlichen Untersuchung mit dem Titel “Recruiting Trends 2018” stellten Studierende der Uni Bamberg fest, dass 44,4 Prozent der Top-1.000-Unternehmen einen eigenen Talent Pool implementiert haben, während es in der IT-Branche sogar fast zwei Drittel sind. In der IT-Branche zeigt sich bezüglich der Implementierung von Talent Pools ein signifikanter Anstieg um 26,8 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Ein Grund: Gerade im IT-Bereich ist der Fachkräftemangel groß und Mitarbeiter*innen wechseln häufig das Unternehmen.

Drei von zehn Kandidat*innen gaben in der Umfrage an, nach einer Absage ein Angebot zu einem Talent Pool-Eintrag bekommen zu haben. Etwa jede*r zehnte Befragte sagte, dass er*sie dann regelmäßig Angebote für eine Stelle bekam. Einen Talent Pool bewerten knapp 44 Prozent als eine sinnvolle Einrichtung, selbst wenn 37 Prozent glauben, zu viele Informationen über sich preisgeben zu müssen. Ein Problem: Wenn sich Bewerber*innen aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus auf eine bestimmte, für sie interessante Stelle bewerben. Sie wollen dann kaum, dass jede*r Abteilungsleiter*in im Unternehmen, häufig ein*e Mitbewerber*in, davon Kenntnis hat.

Den eigenen Talent Pool aufbauen

Wenn Sie bei null anfangen mit dem Talent Pool, werden Sie zunächst nach Kontakten suchen müssen, die Sie darin abspeichern können. Die gute Nachricht: Viele liegen Ihnen schon vor, Sie haben sie nur noch nicht genutzt.

Bewerbungen

Die erste Anlaufstelle sind natürlich Bewerbungen. Sie können alle Bewerber*innen, die es nicht zur Einstellung geschafft haben fragen, ob sie in die Datenbank aufgenommen werden wollen. Rechtlich gesehen müssen Sie sie sogar fragen, ob die persönlichen Daten aufgenommen werden. Das ergibt sich unter anderem aus Artikel 13 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), der sich mit der Informationspflicht bei Erhebung von personenbezogenen Daten bei der betroffenen Person beschäftigt. Er besagt, dass Sie auf jeden Fall darüber informieren müssen, welche Daten Sie erheben und was damit geschieht. Eine moderne Recruiting-Software ist heute so programmiert, dass sie DSGVO-konform ist.

Initiativbewerbungen

Oftmals gehen bei Ihnen Initiativbewerbungen ein, ohne dass es dafür eine Stelle gibt. Sie sind eine der am wenigsten beachteten Quelle für Talente, weil sie in der Regel keinen Recruitingprozess durchlaufen und irgendwo abgelegt werden. Wenn Sie aber diese Bewerbungen richtig kategorisieren, können sie bereits eine Grundlage für Ihren Talent Pool bieten. Sie können auf Ihrer Karriereseite einen Bereich einrichten, in dem sich Interessent*innen in den Talent Pool eintragen können.

Jobmessen und Hochschulmarketing

Bei einer Jobmesse kommen viele Menschen zu Ihrem Stand, aber nur wenige werden sich auf eine Stelle bewerben. Das ist normal, aber auch eine vergebene Chance. Bitteen Sie aktiv Standbesucher*innen – wenn Sie in ihnen Potenzial sehen – Ihnen einen Lebenslauf zu schicken. Geben Sie ihnen Ihre Visitenkarten und fragen Sie noch am Stand nach deren Kontaktdaten, um eventuell nachzuhaken. An einem Tag auf einer solchen Messe können bereits eine Menge Datensätze zusammenkommen.

Student*innen an Universitäten und Fachhochschulen bergen ebenfalls ein großes Potenzial. Sie können sie erreichen, indem Sie selbst Veranstaltungen in den Hochschulen organisieren und für Ihr Unternehmen werben oder an Berufsorientierungen teilnehmen. In vielen Fachrichtungen ist es heute üblich, schon im Studium nach passenden Fachkräften zu suchen.

Mitarbeiter*innen-Empfehlungen

Wenn Ihre eigenen Mitarbeiter*innen Ihnen Kandidaten*innen vorschlagen, dann ist das immer von großem Vorteil. Dabei ist es unerheblich, ob diese Vorschläge sich auf eine generelle Stelle beziehen oder nur als Vorschlag dienen. Wenn Sie Daten von Talenten haben, nutzen Sie sie und speichern sie im Talent Pool ab. Solche, die durch Mitarbeiter*innen-Empfehlungen kommen, kennen in der Regel Ihr Unternehmen schon und haben eine meist positive Grundhaltung.

Praktika

Wenn Studierende oder Jobsuchende bei Ihnen ein Praktikum machen, sind sie ebenfalls Kandidat*innen für den Talent Pool, selbst wenn sie noch nicht umgehend eine Stelle suchen. Sie kennen bereits Ihr Unternehmen und wenn es ihnen während ihrer Zeit bei Ihnen gefallen hat, sollten Sie sie auf jeden Fall in die Datenbank aufnehmen,

Ehemalige Mitarbeiter*innen

Jedes Unternehmen kann einmal in eine Situation kommen, in der Mitarbeiter*innen aus wirtschaftlichen Gründen entlassen werden müssen. Wenn Sie sich dann aber wieder erholen, sollten diese ehemaligen Angestellten ganz oben bei Ihnen im Talent Pool stehen. Sie kennen den Job, Sie kennen die Personen und gerade bei betriebsbedingten Kündigungen herrscht meist kein Groll gegen Sie.

Active Sourcing

Wenn Sie selbst auf die Suche nach Talenten gehen, werden Sie Listen mit potenziellen Kandidat*innen erstellen, die dann entsprechend gekürzt werden. Alle, die aus der Liste herausfallen, können aber dennoch in die Datenbank aufgenommen werden. Sie können für andere Stellen durchaus geeignet sein.

Inhouse Sourcing

Manchmal sehen Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht, beim Recruiting sind das die Bewerber*innen aus dem eigenen Unternehmen. Wer sich beruflich innerhalb Ihrer Firma weiter entwickeln will, kann natürlich ebenso in den Talent Pool aufgenommen werden. Nur weil jemand intern einmal für eine Stelle abgelehnt wurde, muss die Person ja nicht grundsätzlich ausscheiden.

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8 Vorteile eines Talent Pools

Mit einem Talent Pool haben Sie bei einer Stellenbesetzung einen Grundstock an potenziellen Kandidat*innen und müssen nicht von vorne anfangen. Es gibt aber noch viele weitere Vorteile und gute Gründe, einen Talent Pool einzurichten.

1. Optimierte Bewerber*innen

Wenn Sie ehemalige Bewerber*innen auswählen, sind diese bereits durch einen Selektionsprozess gegangen. Wenn Sie die Daten passend kategorisieren und bewerten, haben Sie sehr schnell eine Liste an hochqualifizierten Second-Best-Kandidat*innen, die Sie sofort ansprechen können.

2. Talent Pool verkürzt Vorauswahl

Da Sie bereits Informationen über die Bewerber*innen besitzen, können Sie einige Schritte im Recruitingprozess überspringen und diese direkt zu einem Interview einladen. Außerdem können Sie gezielt passende Personen auswählen, die die Kriterien der Stellenbeschreibung erfüllen.

3. Zeitnaher Kontakt

Wenn es mehrere Stellenausschreibungen in einem kurzen Zeitraum gibt, können Sie über den Talent Pool auf Kandidat*innen zurückgreifen, die gerade erst bei einem Interview waren. Das bedeutet dass sie auf Stellensuche und damit auch verfügbar sind.

4. Interner Auswahlprozess

Wenn Ihre Fachabteilungen Zugriff auf den Talent Pool haben, können sie bereits eine Vorauswahl treffen und Ihnen im Recruiting einen Teil der Arbeit abnehmen. Damit bleibt mehr Zeit für andere Aufgaben.

5. Weniger Recuitingkosten

Mit einem Talent Pool können Sie Ihre Recruitingkosten erheblich senken. Cost-per-Hire and Time-to-Hire können signifikant sinken, wenn Sie einen qualitativ hochwertigen Talent Pool haben.

6. Aktives Recruiting

Wenn Bewerber*innen von einem Unternehmen angesprochen werden, bringt das immer eine bessere Grundstimmung mit. Sie fühlen sich geschmeichelt und die Chancen stehen gut, dass sie bei Erfüllung der Qualitätskriterien eine Stelle annehmen.

7. Höhere Qualität der Bewerber*innen

Da im Talent Pool schon eine Vorauswahl getroffen wurde, ist die Qualität von Bewerbungen meist höher als bei einem klassischen Prozess. Das ist umso mehr dann der Fall, wenn die Kandidat*innen Ihnen schon von vorherigen Bewerbungen oder von einem Praktikum her bekannt sind.

Nachteile des Talent Pools

Ein Talent Pool ist kein Allheilmittel und nur ein Recruitingkanal unter vielen. Er eignet sich nicht immer als Ressource für Kandidat*innen, und das aus unterschiedlichen Gründen:

  • Daten sind nicht aktuell: Kandidat*innen stehen nicht mehr zur Verfügung. Zu viele Karteileichen können zu Mehrarbeit statt Einsparung führen.
  • Falscher Mix: Die Zusammensetzung der Bewerber*innen passt nicht zu den Anforderungen. Das passiert meistens, wenn Bewerber*innen nicht bewertet sind.

Wie Sie einen Talent Pool einrichten können

Um einen Talent Pool einzurichten, können Sie zwar eine einfache Tabelle benutzen, werden aber bald an Grenzen stoßen. Es ist heute effektiver, Daten in einer Datenbank zu speichern. Das erleichtert Ihnen die Suche und Auswahl, außerdem können Prozesse automatisiert werden.

Je nachdem, welche Software Sie benutzen, ist der Talent Pool lediglich eine andere Aufbereitung von bestehenden Daten. Sie werden bei abgelehnten Bewerbungen die Datensätze in eine andere Kategorie oder in einen anderen Bereich verschieben. Eine Software kann Ihnen zum Beispiel dabei helfen, die Daten zu aktualisieren, indem sie automatisch in bestimmten Abständen E-Mails an die Personen schickt.

Es gibt zwei unterschiedliche Ansätze, einen Talent Pool zu organisieren.

  • Job-orientiert
  • Bewerber*innen-orientiert

Bei einem Job-orientierten Talent Pool stehen die Stellen im Mittelpunkt. Die einzelnen Segmente in der Datenbank bestehen aus Daten wie Standort, die angebotene Position. Spezielle Fachkenntnisse, die erwartet werden, und die Fachabteilungen, in denen eine Stelle ausgeschrieben wird.

Bei der Bewerber*innen-orientierten Segmentierung ist der Fokus auf die Qualifikationen gerichtet. Hier interessieren die Erfahrung und die Fachkenntnisse der Kandidat*innen, in welcher Ebene im Unternehmen sie einsteigen wollen oder welche Gehaltsvorstellungen sie haben, wenn das bekannt sein sollte.

Das eine schließt aber das andere nicht aus, und so können Sie beide Ansätze miteinander vermischen. Eine Datenbank erlaubt es Ihnen ohnehin, nach verschiedenen Kriterien eine Liste von geeigneten Bewerber*innen zu erstellen.

Ordnung im Talent Pool halten

Ein Talent Pool ist nur dann effektiv, wenn er sorgfältig gepflegt und aktualisiert ist. Sie sollten Kategorien einrichten, nach denen die Datensätze sortiert sind, zum Beispiel:

  • Ehemalige Bewerber*innen
  • Erstkontakte
  • Praktikant*innen
  • Ehemalige Mitarbeiter*innen

Sie können noch andere Kriterien anlegen, wie

  • Qualifikationen
  • Verfügbarkeit
  • Hilfskraft/Fachkraft/Führungskraft
  • Berufserfahrung
  • Softskills
  • Gehaltsklasse
  • Standort
  • Forderungen nach besonderen Leistungen durch die Kandidat*innen (Home Office, Dienstwagen etc.)

In der oben angesprochenen Studie der Uni Bamberg hatten nur 16 Prozent der Firmen angegeben, regelmäßig Einträge aus der Datenbank zu löschen. Gerade einmal 6 Prozent pflegen ihre Datenbestände regelmäßig. 16,1 Prozent der Top-1.000-Unternehmen halten den persönlichen Kontakt zu den Kandidat*innen in ihrem Talent Pool.

Talent-Tracking – keine leichte Aufgabe

Eine Datenbank ist heute schnell eingerichtet, aber die Pflege der Daten benötigt mehr Zeit und Aufwand. Bei einem Talent Pool ist die größte Gefahr, dass alte und nicht mehr brauchbare Daten die Vorteile zunichtemachen. Deshalb ist es notwendig, diese so weit wie möglich auf einem aktuellen Stand zu halten. Talentverfolgung sollte nicht unterschätzt werden. Der Aufwand kann mit digitalen Lösungen recht gering gehalten werden, der Nutzen ist aber umso größer. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten:

Newsletter

Sie können allen Bewerber*innen im Talent Pool einen regelmäßigen Newsletter schicken und ihnen dabei auch aktuelle Stellen anbieten. Wenn sich jemand aus dem Newsletter abmeldet, können Sie nachfragen, ob die Person dennoch in der Datenbank bleiben möchte und den Datensatz entsprechend aktualisieren. Der Newsletter sollte Recruiting-bezogen sein und nicht Werbung für Produkte oder Ihr Unternehmen enthalten. Sollten Sie noch keinen Newsletter haben, richten Sie einen eigenen für den Talent Pool ein. Diesen können Sie einmal alle zwei Monate verschicken und mit Links zu Events und Ihrer Stellenseite versehen.

Bewerber*innen-Interface

Manche Software-Lösungen bieten Kandidat*innen im Talent Pool an, ihren Status selbst zu verwalten. Sie bekommen dafür eine regelmäßige Erinnerung geschickt. Diese kann Teil des Newsletters für Talente sein oder eigens generiert werden. Bewerber*innen können sich einloggen und einen Teil der Daten selbst pflegen sowie nach freien Stellen bei Ihnen suchen.

Zu Firmenevents einladen

Wenn Sie öffentliche Veranstaltungen oder größer angelegte Firmenevents haben, sollten Sie eine Einladung an die Personen schicken, die im Talent Pool sind. Damit zeigen Sie Ihr Interesse an ihnen und rufen sich in wieder in Erinnerung. Sie können spezielle Seminare für Talente anbieten, um sie noch besser an sich zu binden. Das ist gerade bei hoch qualifizierten Fachkräften eine Möglichkeit, Ihr Employer Branding im Talent-Marketing einzusetzen.

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