Wenn im Recruiting-Prozess der*die passende Bewerber*in gefunden ist, haben die Personaler*innen ihr Ziel erreicht. Zumindest wird das oft so verstanden. Tatsächlich können Erfolge und Performance im Recruiting mit vielen weiteren Parametern gemessen werden.
Mit diesen können Sie feststellen, wie gut die Recruiting-Prozesse ablaufen, ob die Kosten gerechtfertigt sind und welche Verbesserungsmöglichkeiten es gibt. Wenn diese Daten auch noch gut aufbereitet werden, bieten die Recruiting-Kennzahlen und das damit verbundene Rekrutierungs-Dashboard eine gute Grundlage für Ihre unternehmerischen Entscheidungen.
Recruiting-Kennzahlen können Probleme lösen
In einer Studie der Manpower Group hatten 72,8 Prozent der Befragten angegeben, Probleme mit Rückläufen bei Stellenausschreibungen zu haben, und 45 Prozent berichteten über Schwierigkeiten, die passenden Bewerber*innen zu finden. Der Grund ist aber nicht der Fachkräftemangel (zumal die Befragung in den USA war). Die Schwierigkeiten sind im Recruiting und seiner Effizienz zu finden. Wird diese nicht ständig gemessen und analysiert, bleiben die Ursachen oft verborgen.
Noch immer zögern Firmen, wenn es um Big Data und die Analyse der Unternehmensdaten geht. In einer Umfrage der WirtschaftsWoche gaben 60 Prozent der mittelständischen Unternehmen an, sich nicht wirklich aktiv um Datenanalyse zu kümmern.
Datenbasiertes Recruitment gibt Ihnen die richtigen Argumente, wenn Sie im Personalbereich Veränderungen durchführen möchten. Die Kennzahlen zeigen Ihnen darüber hinaus frühzeitig an, wenn bei der Personalbeschaffung etwas schiefläuft. Eine der großen Herausforderungen ist für Sie, die passenden Parameter herauszufinden.
Was bringt ein Recruiting-Dashboard?
Stellen Sie sich Ihre Rekrutierung einmal als eine Produktionsstrecke vor. Am Anfang steht eine zu besetzende Stelle, am Ende ein*e passende*r Kandidat*in. Wenn Sie Güter produzieren, werden Sie in den unterschiedlichen Produktionsschritten immer wieder Sensoren haben, die die Performance der Maschine messen. Stimmt der Druck, ist genug Öl vorhanden, wie ist der Durchlauf, wieviele Artikel werden produziert, wie hoch ist der Ausschuss? Alle diese Daten sieht ein*e Maschinenführer*in im Leitstand auf dem Bildschirm.
Ganz egal, ob Sie Leiter*in der Personalverwaltung oder noch höher in der Unternehmenshierarchie angesiedelt sind: Mit einem Leitstand, moderner als Dashboard bezeichnet, sehen Sie in Echtzeit, wie Ihre Recruiting-Prozesse ablaufen, und können bei Problemen an der richtigen Stelle eingreifen.
Solche Probleme können sein:
- Bestimmte Mitarbeiter*innen laden nicht genügend Bewerber*innen ein
- Die Bewerbungsprozesse dauern länger als der Branchendurchschnitt
- Bewerbungen kommen ausschließlich aus Stellenanzeigen
- Die Kosten pro Bewerber*in sind enorm gestiegen
So wie Sie Ihre Produktion und Ihre Verkaufszahlen grafisch aufbereiten können, zeigen Ihnen Recruiting-Dashboards auf einen Blick, wie die Personalproduktion aussieht und wo es vielleicht Engpässe gibt. Langfristig kann Ihnen die damit verbundene Software dann entsprechende HR-Berichte erstellen, die Ihnen Trends in der Personalentwicklung anzeigen.
Die wichtigsten Kennzahlen im Recruiting
Wie in anderen Bereichen eines Unternehmens können beim Recruiting Key Performance Indicators (KPIs) festgelegt werden. Sie sind Messgrößen, die aktuelle Daten gegen gesetzte Standards abgleichen. Sie können als absolute Zahlen oder in Prozenten angegeben werden. Mit KPIs können Sie so ziemlich alles messen, was sich in Daten darstellen lässt. Die Herausforderung ist, die passenden Parameter festzulegen. Denn oft genug wird das Wort Key beim Indikator vernachlässigt. Es geht nicht darum, die meisten Daten zu bekommen, sondern solche, die relevant für den zu untersuchenden Bereich sind.
Daten entlang des Recruiting-Funnels
Diese Relevanz hängt zu einem großen Teil von der Struktur und den Prozessen in Ihrem Unternehmen ab. Im Mittelpunkt steht der Recruiting-Funnel, also der immer selektiver und enger werdende Prozess der Rekrutierung. Er beginnt mit der Wahrnehmung Ihres Unternehmens bei Bewerbenden und endet mit einer Einstellung. Eine der nützlichsten Erkenntnisse, die bei der Funnel-Betrachtung gewonnen wird, ist die Ertragsquote pro Schritt – eine Berechnung basierend auf der Anzahl der Bewerber*innen, die jede Stufe des Trichters erfolgreich abgeschlossen haben, über der Gesamtzahl der Bewerbenden, die die Phase betreten haben.
Es gibt 10 Schlüsselkennzahlen für die Rekrutierung, die Sie als erste Basis für Ihr Recruiting-Dashboard nehmen können und die zu fast jedem Unternehmen passen:
- Cost-per-Hire
- Pass-Through-Rate
- Time-to-Hire
- Performance der Recruiting-Kanäle
- Prozentzahl der Ablehnungen
- Zahl der Kandidat*innen pro Ausschreibung
- Qualität der Kandidat*innen
- Retention Rate
- Fluktuation
- Zufriedenheit mit dem Bewerbungsprozess
1. Cost-per-Hire
Wenn es um Performance geht, spielen Kosten immer eine große Rolle. Die Berechnung der Cost-per-Hire erfolgt aus den internen und externen Kosten für die Stellenbesetzungen geteilt durch die Zahl der besetzten Stellen. Mit dieser Zahl sehen Sie den gesamten Kostenaufwand für Bewerbungen, also einen Durchschnittswert. Die Kosten für bestimmte Bewerbungen, zum Beispiel für die Leitung der Finanzabteilung, können höher sein.
Zu den Akquisekosten zählen:
- Die Personalkosten der Recruiting-Mitarbeiter*innen
- Die aufgebrachte Zeit für Bewerbungsgespräche
- Eventuelle Bonusse bei internen Empfehlungen
- Anteilige Kosten des Jobbereichs Ihrer Webseite
Dazu kommen Kosten wie:
- Honorare für Personalvermittlungen
- Kosten für Anzeigen oder Mitgliedschaften in Jobbörsen
- Kosten für Recherche
- Die Kosten Ihrer Recruiting-Software
- Anzeigen/Posts in sozialen Medien
2. Die Pass-Through-Rate
Mit dieser Zahl stellen Sie fest, wie viele Bewerber*innen in einem bestimmten Teil des Prozesses weiterkommen. Diese Zahl wird entlang des Bewerbungsfunnels an mehreren Stellen gemessen. Solche Parameter können sein:
- Wie viele User*innen, die sich eine Stellenausschreibung angeschaut haben, haben sich letztlich beworben?
- Wie viele Bewerber*innen sind zum Interview eingeladen worden?
- Wie hoch ist die Zahl derer, die zu einem zweiten Gespräch eingeladen wurden?
- Wie viele Bewerbende haben es in die Endauswahl geschafft?
In allen Schritten sollten Sie die Zahl der Bewerbenden, denen Sie abgesagt haben, und derer, die selbst abgesprungen sind, erfassen. Besonders wichtig ist die Conversion Rate zwischen eingehenden Bewerbungen und Einladungen. Zu wenige Einladungen können bedeuten, dass Sie nicht die richtigen Kanäle benutzt haben oder die Ausschreibungen nicht klar sind. Zu viele Einladungen können Sie unnötig Zeit und Geld kosten.
3. Time-to-Hire
Dieser Wert ist einer der wichtigsten in Ihrem Dashboard. Er beschreibt den Zeitraum, den der Bewerbungsprozess in Anspruch nimmt. Dabei können Sie unterscheiden zwischen der Zeit von der Ausschreibung bis zu:
- der Unterbreitung eines Angebots
- der Zusage durch den*die Bewerber*in
- der Unterschrift des Vertrages
Wie Sie den Zeitraum bemessen, können Sie selbst bestimmen oder sich nach den Vorgaben Ihres Recruiting-Dashboards richten. Alle drei Wege führen zum Ziel. Die Time-to-Hire ist aus mehreren Gründen bedeutend: Sie können damit einen Durchschnitt ermitteln, an dem Sie die einzelnen Bewerbungsverfahren anlegen können. Sie können Trends erkennen, wenn zum Beispiel die Zeit bis zu einem Vertragsabschluss immer länger wird. Dann werden Sie auf Ursachensuche gehen und vielleicht nachschauen müssen, ob viele Erfolg versprechende Bewerber*innen wieder abspringen.
4. Performance der Recruiting-Kanäle
Neben der Formulierung einer Stellenausschreibung bilden die Wahl und Performance der genutzten Kanäle die Grundlage für eine ausreichende Zahl an Bewerbungen. Heute werden vor allem diese Kanäle genutzt:
- Stellenangebote in Printmedien und Online-Jobbörsen
- Soziale Netzwerke
- Mitarbeiter*innen-Empfehlungen
- Eigene Webseite
- Interne Ausschreibungen
Die Recruiting-KPIs hier sind zum einen die Bewerbungseingänge im Vergleich, also wie viele Anfragen pro Kanal eingehen. Zum anderen sollten Sie die Kosten nicht vergessen, die für einige Kanäle aufgewendet werden. Ausschreibungen auf der eigenen Karriereseite oder Empfehlungen kosten Sie fast nichts, können aber sehr effektiv sein.
5. Prozentzahl der Ablehnungen
Wenn die Time-to-Hire sehr lang ist oder die Kosten ansteigen, kann das an der Qualität der Bewerbungen liegen. Diese wird unter anderem in der Zahl der abgelehnten Bewerber*innen deutlich. Sie können auch hier wieder entlang des Funnels messen und die Zahl der abgelehnten Bewerber*innen ermitteln:
- Bei den eingehenden Bewerbungen
- Nach den ersten Interviews
- Nach der zweiten Gesprächsrunde
Die Prozentzahl richtet sich nach der absoluten Zahl, also im ersten Schritt nach allen eingegangenen Bewerbungen. Hier wird sie noch recht hoch sein. Dennoch gibt das bereits eine Auskunft darüber, ob Sie die passenden Talente erreichen oder vielleicht die falsche Zielgruppe ausgewählt haben.
6. Fill Rate
Diese Recruiting-Kennzahl kann dann interessant sein, wenn Sie sowohl interne Mitarbeiter*innen auf die Suche schicken als auch externe Anbieter*innen. Sie teilen die Zahl der besetzten Stellen durch die Zahl der jeweils zugewiesenen freien Stellen. So können Sie sehen, ob Ihre internen Bestrebungen erfolgreicher sind als Jobbörsen, oder ob Headhunter*innen einen besseren Job machen als Mitarbeiter*innen-Empfehlungen. Sie werden allerdings achtgeben müssen, dass die Qualität der Stellen eine Rolle spielt.
7. Qualität der Kandidat*innen
Dieser Wert wird nach der Einstellung berechnet und soll zeigen, ob ein*e Kandidat*in den erhofften Mehrwert gebracht hat. Die Qualität in Daten zu fassen ist nicht immer einfach, aber es gibt ein paar Parameter, die helfen können:
- Interne Performance-Bewertung
- Dauer der Eingewöhnungsphase
- Performance in Cultural Fit
Eigentlich können Sie alle Parameter verwenden, die Sie zur Bewertung Ihrer Mitarbeiter*innen heranziehen. Sie addieren diese und teilen sie dann durch die Zahl der Parameter. Der Wert an sich muss dann mit den Werten anderer Angestellter und Durchschnittswerten verglichen werden.
8. Retention Rate
Mit der Einstellung von Kandidat*innen ist zwar der Bewerbungsprozess abgeschlossen, aber noch nicht die Performance-Messung. Für die langfristige Bewertung der Rekrutierungsqualität können Sie die Zeit messen, die neue Angestellte in der Firma bleiben. Gehen viele nach einem Jahr wieder, kann das an der falschen Auswahl liegen (sie passen nicht ins Unternehmen oder Team) oder an der Unternehmenskultur und den Arbeitsbedingungen.
9. Fluktuation
Die Fluktuation ist auf jeden Fall eine weit verbreitete Kennzahl im Personalmanagement und in den HR-Berichten. Wenn es um Kennzahlen im Recruiting geht, kann sie aber auch Aufschluss über die Performance geben. Wenn es eine hohe Fluktuation gibt, wird das Recruiting mehr zu tun haben, was wiederum zu Überlastung und schlechterer Performance sowie hohen Kosten führen kann. Abgleiche mit der Retention Rate und anderen Daten können erklären, ob und welchen Einfluss die Fluktuation auf den Rekrutierungsprozess hat.
10. Zufriedenheit mit dem Bewerbungsprozess
Schließlich sollten Sie die Zufriedenheit von Kandidat*innen mit dem Bewerbungsprozess messen. Hier können Sie mit Fragebögen arbeiten, die dann einfach numerisch ausgewertet werden. Fragen können sein:
- Wie gut war die Stelle formuliert?
- Wie wird der erste Kontakt beurteilt?
- Wie war das Bewerbungsgespräch?
- Wieviel Interesse wurde an der Person gezeigt?
- Wie wurden Benefits, Onboarding-Prozess und Unternehmenskultur erklärt?
Am besten eignet sich ein Notensystem mit Zahlen zwischen 5 für besonders gut und 1 für besonders schlecht. Im Recruiting-Dashboard werden Ihnen dann die Durchschnittswerte aller Bewertungen angezeigt. Sie können diese Daten aber auch zu Hilfe nehmen, um die Performance einzelner Recruiter*innen zu bewerten.
Die Vorteile von Recruiting-Kennzahlen auf einen Blick
Dass man mit Daten und KPIs einen besseren Einblick in die betrieblichen Abläufe und Kosten hat, dürfte mittlerweile bei den meisten Unternehmen angekommen sein. Allerdings wird bei den Kennzahlen noch sehr stark auf die Performance der Abteilungen sowie von Mitarbeiter*innen im Hinblick auf die Umsätze geschaut. In der Personalverwaltung können mit den richtigen Kennzahlen die Bewerbungsprozesse gemessen werden. Werden die Daten von einer guten HR-Software ausgewertet, haben Sie über die Dashboards immer einen aktuellen Stand Ihrer Rekrutierungsbemühungen.
In vielen Unternehmen besteht aber noch Nachholbedarf. Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Personalwirtschaft und Business Governance an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat Forcont 117 Personaler*innen befragt. Ein Ergebnis war:
Durch die Corona-Krise ist deutlicher geworden denn je: Der HR-Bereich kann – und muss – einen wesentlichen Beitrag zur Unternehmensentwicklung leisten. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass gerade ein Umdenken stattfindet. 37 Prozent sehen sich bereits auf einem guten Weg. Und mehr als der Hälfte (51 Prozent) ist es immerhin gelungen, ein Bewusstsein für die Digitalisierung von HR zu schaffen – während bei der Umsetzung noch Verbesserungspotenzial besteht.
HR-Studie 2020
Dashboards bringen Übersicht in die Rekrutierungs-Performance
Die digitale Transformation von Recruiting-Prozessen ist keine technische Herausforderung, sondern liegt in der Hand der Unternehmensführung. Die Tools sind vorhanden, es braucht aber den Mut und den Willen, diese einsetzen zu wollen. Je früher Sie beginnen, Daten im Recruiting mit entsprechenden Kennzahlen aufzubereiten, umso besser können Sie Entscheidungen treffen und Entwicklungen im Recruiting verstehen.
Die Software-Dashboards nehmen Ihnen einen großen Teil der Arbeit ab, die vorher im Lesen von Berichten und mühsamen Durchgehen von Excel-Daten bestand. Heute bekommen Sie diese Daten übersichtlich und verständlich grafisch aufbereitet. Sie können auf einen Blick sehen, in welchen Bereichen Bewerbungen zu lange dauern und wo Ihre Recruiter*innen am besten sind. Mit diesen Daten werden Sie in der Lage sein, Ihre Recruiting-Prozesse zu optimieren.
Die wichtigsten Ziele und Vorteile von Kennzahlen in der Rekrutierung sind:
- Verringerung der Kosten
- Verbesserte Qualität der Bewerber*innen
- Verkürzte Time-to-Hire
- Optimale Nutzung der Recruiting-Kanäle
- Performance-Verbesserung der HR-Abteilung bei Stellenbesetzungen