Der Druck im Recruiting ist überall spürbar, im produzierenden Gewerbe jedoch ganz besonders. Denn hier treffen mehrere Faktoren aufeinander: Der Arbeitskräftemangel steigt weiter aufgrund der demografischen Entwicklung. Heute können sich Bewerbende den Arbeitgeber aussuchen. Das führt dazu, dass Schichtarbeit immer unattraktiver wird.
Hinzu kommt, dass in vielen Industrieunternehmen die HR-Prozesse nicht digitalisiert sind. Das führt zu Verzögerungen, Fehlern und macht es fast unmöglich, das Bewerbermanagement zu skalieren. Wer es jetzt schafft, den Recruiting-Prozess clever zu digitalisieren und damit skalierbar zu machen, der gewinnt die Chance, der Konkurrenz einen entscheidenden Schritt voraus zu sein. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die fünf zentralen Herausforderungen, die Sie jetzt angehen sollten, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.
Herausforderung Nr. 1 – Blue Collar vs. White Collar
Recruiter:innen in der Industrie müssen zwei sehr unterschiedliche Zielgruppen erreichen: Handwerker*innen, Lager- und Produktionsmitarbeitende auf der einen und Ingenieur*innen, IT-Fachkräfte oder Büroangestellte auf der anderen Seite. Beide Gruppen haben unterschiedliche Erwartungen und sind teilweise auch auf unterschiedlichen Plattformen unterwegs.
Eine Studie zu Mitarbeitenden der Gen Z zeigt: Während 36 % der White-Collar-Kandidat*innen bevorzugt LinkedIn für die Jobsuche nutzen, sind es bei Blue-Collar-Bewerbenden lediglich 14 %. Gleichzeitig belegt eine forsa-Umfrage im Auftrag von XING, dass HR-Verantwortliche sich schwer tun damit, die Erwartungen beider Gruppen richtig einzuschätzen. Ein Beispiel: Aspekte wie Gewerkschaftszugehörigkeit oder ein Betriebsrat sind für viele Blue-Collar-Kandidat*innen deutlich wichtiger als von HR angenommen.
Diese Unterschiede machen die Arbeit für Recruiter*innen noch komplexer, als sie ohnehin schon ist. Denn sie müssen nicht nur mehr Kanäle bedienen als Kolleg*innen in anderen Bereichen, sondern zusätzlich je nach Zielgruppe unterschiedliche Jobbörsen priorisieren. Gleichzeitig müssen Inhalte und Ansprache an die jeweiligen Erwartungen angepasst werden. Unter diesen Umständen ist es schwer, einen einheitlichen Prozess aufzusetzen.
Herausforderung Nr. 2 – Mangelnde Digitalisierung
In vielen Industrieunternehmen läuft das Bewerbermanagement noch weitgehend manuell ab: Bewerbungen werden per E-Mail empfangen und ausgedruckt, Kandidat*innen in ellenlange Excel-Tabellen eingetragen, Termine mühsam über Outlook, Telefon und den kurzen Dienstweg koordiniert.
Das kostet nicht nur Zeit, sondern führt auch dazu, dass Ihnen die besten Kandidat*innen durch die Lappen gehen. Denn: Wenn ein*e Bewerber*in nach Einreichen der Bewerbung tagelang auf eine Antwort warten muss, weil die E-Mail untergegangen ist oder die Absprache mit der Fachabteilung so lange dauert – dann ist er oder sie inzwischen längst bei der Konkurrenz untergekommen.
Zwar wissen viele Unternehmen, dass eine digitale Lösung das Recruiting wesentlich effizienter machen könnte. Häufig wird aber die DSGVO als vermeintlicher Hinderungsgrund gesehen. Aus Angst vor Datenschutzverstößen wird die Digitalisierung aufgeschoben, obwohl sie sich mit den richtigen Tools längst datenschutzkonform umsetzen ließe. So bleibt das Bewerbermanagement unnötig komplex, zeitraubend und ineffizient.
Herausforderung Nr. 3 – Fehlende Abstimmung zwischen Standorten
Manchmal scheitert es schlicht an der internen Kommunikation. Ein Beispiel: Nach einem kurzen Gespräch im Werk entscheidet sich der Produktionsleiter für einen Kandidaten. Das Gespräch wird mit Handschlag besiegelt, für beide ist die Sache klar. Leider erfährt die HR in der Zentrale zu spät davon, der Vertrag wird nicht rechtzeitig aufgesetzt – und der Bewerber unterschreibt bei der Konkurrenz.
Die Abstimmung zwischen HR, Werk und Fachabteilung ist oft schon aufgrund der räumlichen Trennung schwierig. Dazu kommen unterschiedliche Kommunikationskanäle, von E-Mail über Telefon bis zum Gespräch auf dem Gang. Unter den Umständen ist es praktisch unmöglich, den Überblick darüber zu behalten, bei welcher Bewerbung es gerade wo hakt.
Herausforderung Nr. 4 – Lange Time-to-Hire
Laut dem Recruiting-Report 2025 von Tellent Recruitee beträgt die durchschnittliche Time-to-Hire im produzierenden Gewerbe 38,8 Tage. Damit liegt die Industrie im Branchenvergleich immerhin auf Platz drei hinter Handel sowie Freizeit & Tourismus. Trotzdem vergehen fast eineinhalb Monate vom Ausschreiben einer Stelle bis zur finalen Entscheidung – das ist gerade bei Produktionspeaks noch immer zu lang.

Die Gründe dafür sind meist bekannt: Neben schwerfälligen Prozessen, langwierigen Abstimmungen und unklaren Entscheidungswegen wirken auch der Fachkräftemangel in der Industrie und die sinkende Attraktivität von Schichtarbeit als zusätzliche Bremsfaktoren. Die Folge: Je länger sich der Prozess zieht, desto höher ist das Risiko, dass qualifizierte Bewerber*innen frühzeitig abspringen und sich für ein anderes Angebot entscheiden. Im worst case geht die Suche nach geeigneten Kandidat*innen wieder von vorn los.

Herausforderung Nr. 5 – Hohe Abbruchrate bei Formularen
Unser Recruiting-Report zeigt auch: Die Abbruchquote bei Bewerbungsformularen ist in Deutschland so hoch wie in keinem anderen Land. Im produzierenden Gewerbe liegt sie bei satten 42 %. Das heißt: Fast die Hälfte aller Bewerbenden, die mit dem Ausfüllen eines Bewerbungsformulars beginnen, brechen den Prozess ab, ohne ihre Bewerbung abzuschicken. Die Gründe dafür sind vielfältig und in der Regel hausgemacht.

Viele Formulare sind zu lang, zu kompliziert oder nicht mobil optimiert. Laut der forsa-Umfrage wünschen sich 45 % der Blue-Collar-Beschäftigten die Möglichkeit, sich über mobile Endgeräte bewerben zu können. Außerdem werden zu viele Informationen abgefragt bzw. müssen doppelt und dreifach erfasst werden (Beispiel Lebenslauf).
Bewerbungsformulare, die derart benutzerunfreundlich gestaltet sind, stellen eine unnötige Hürde dar und sind schlicht nicht mehr zeitgemäß. Sie schrecken potenzielle Kandidat*innen ab, bevor HR überhaupt die Chance hat, ihre Unterlagen zu sichten. Angesichts des zunehmenden Arbeitskräftemangels ist das eine Schwachstelle, die sich Unternehmen heute nicht mehr leisten können.
Fazit: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für einen Realitätscheck
Unterschiedliche Zielgruppen, nicht skalierbare Recruiting-Prozesse, lange Time-to-Hire – das Recruiting im produzierenden Gewerbe steht vor komplexen Herausforderungen. Wer sich weiterhin an altbewährte Strukturen klammert – nach dem Motto „Das haben wir immer so gemacht“ – riskiert, abgehängt zu werden. Denn im Wettbewerb um Fachkräfte entscheidet längst nicht mehr nur das Gehalt, sondern auch, wie professionell, benutzerfreundlich und vor allem: wie schnell der Bewerbungsprozess abläuft.
Gerade im produzierenden Gewerbe, wo der Fachkräfte- und Bewerbermangel besonders spürbar sind, besteht Handlungsbedarf. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Realitätscheck: Prüfen Sie Ihre Prozesse und beseitigen Sie Engpässe, um im War for Talents nicht abgehängt zu werden. Digitale Lösungen wie Tellent Recruitee helfen Ihnen dabei.